Mercedes EQB: Sieben-Stern mit Stecker – Unsere Eindrücke
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Irgendwie ist es ein Tribut an das Tempo. So schnell wie Mercedes seine Autos unter Strom setzen will, kommen die Plattformen gar nicht in Fahrt. Weil die Kundschaft – allen Klimadebatten zum Trotz – nach SUV schreit, die Vernunft aber Verbrenner-Abschied gebietet, muss es für den elektrischen EQB eine Art Kompakt-Mix sein. Den Antrieb teilt er sich mit der kleinen Akku-Schwester EQA, das Chassis samt 2,82 Meter Radstand und den optional sieben Sitzplätzen hingegen mit dem großen Verbrenner-Bruder GLB.
Optisch kommt der Lückenschließer zwischen EQA und EQC deshalb wenig überraschend daher – von ein paar farblichen Akzenten mal abgesehen. Die Neuerungen stecken samt und sonders unter dem Blech. Zum Marktstart sorgen zwei Allrad-Versionen für Vortrieb, die sich aus einer Batterie mit 66,5 kWh (nutzbar) speisen. Gewaltig sind die Unterschiede nicht. Der EQB 300 kommt auf völlig ausreichende 168 kW, der EQB 350 auf 215. Beim kleineren Modell vergehen bis zur dreistelligen Tachoanzeige 8,0 Sekunden, beim größeren 6,2. Geplant sind zudem ein Fronttriebler sowie eine Variante mit besonders großer Reichweite.
Vorne wie hinten sitzt man gleichermaßen komfortabel und genießt Freiheit für Kopf und Beine. Das digitale Cockpit ist bis auf die speziellen E-Anzeigen identisch mit dem des GLB. Alles übersichtlich und funktional, auch wenn der Material-Mix an manchen Stellen etwas arg bunt gerät. Im Gepäckabteil des knapp 4,70 Meter langen SUV kommen in der fünfsitzigen Version 495 Liter unter, bei umgeklappten Rücklehnen 1710. Auf Wunsch lässt sich sogar noch eine dritte Reihe ordern – ganz hinten im Sieben-Stern jedoch sollte man besser nicht größer sein als 1,65 Meter.
Auf der Straße macht der EQB trotz knapp 2,2 Tonnen eine prima Figur und bewahrt selbst in schnellen Kurven Haltung. Dämpfer und Lenkung lassen sich je nach Geschmack zwischen sportlich und komfortabel justieren – und wäre die Sitzposition nicht so erhaben hoch, man glaubte sich in einer Limousine. Wer allerdings allzu flott in enge Ecken strebt, muss trotz modernster Technik erfahren, dass Masse nun mal den Weg Richtung Tangente nimmt.
Nachhaltiger ist ohnehin das Gegenteil: die gepflegte und vor allem gleichmäßige Fahrt. Aus Verbrauchsgründen surrt dabei möglichst häufig nur die hintere E-Maschine, die vordere schaltet sich erst bei Bedarf zu – dann aber im Bruchteil eines Wimpernschlages. Wer dem Maximaltempo von 160 nicht zu nahe kommt und fleißig die per Lenkrad-Paddles einstellbare Rekuperation nutzt, könnte nach WLTP 419 Kilometer weit kommen. Bei halbwegs zügiger Fahrweise indes sollte die Erwartung nicht allzu deutlich über 300 liegen.
Groß grübeln allerdings muss man nicht. Das serienmäßige Navigationssystem verfügt über eine „Electric Intelligence“-Funktion. Heißt: Der EQB berechnet – abhängig vom bei Zwischenstopps oder am Ziel gewünschten Akku-Rest – die optimalen Ladepunkte sowie die kürzest mögliche Verweildauer. Dabei schielt die Elektronik auf die Topographie, das aktuelle Wetter sowie den persönlichen Fahrstil – und bringt die Batterie rechtzeitig auf optimale Ladetemperatur. Viel schlauer geht’s kaum. Immer im Navi-Bild: die „Reichweitenkartoffel“ – flapsiger Ausdruck bei Mercedes für den verbleibenden, aber eben höchst selten kreisrunden Aktionsradius.
So oder so jedoch geht dem Akku irgendwann der Saft aus. An einer Gleichstrom-Säule lädt der EQB mit bis zu 100 kW und kommt in gut einer halben Stunde von 10 auf 80 Prozent. Für 150 Kilometer reichen sogar 15 Minuten. An der Wallbox mit maximal 11 kW vergehen gute sechs Stunden. Im Kauf des Wagens inbegriffen ist eine einjährige Mitgliedschaft bei „Mercedes Me Charge“, wo man in Europa Zugriff auf mehr als 200.000 Ladepunkte von mehr als 400 Betreibern hat. Ebenfalls inkludiert ist in dieser Zeit das Schnelllade-Netzwerk von Ionity.
Zum genauen Preis des EQB lässt Mercedes noch nichts verlauten. Addiert man allerdings zum EQA die Differenz zwischen GLA und GLB, wird sich das Basismodell wohl um die 56.000 Euro bewegen. Dafür gäbe es dann zwar nur die leicht reduzierte Förderung von 7500 Euro, der typische Mercedes-Kunde dürfte das aber verschmerzen.
Und die Zukunft der Plattformen? Ab 2030 soll es davon nur mehr drei geben, sagt Koert Groeneveld, Leiter Globale Produkt- und Technologie-Kommunikation. Allesamt elektrisch – und unterteilt in E-Autos, Performance-Cars und Vans. Dazwischen allerdings wird wohl Ende 2024 noch eine gemeinsame Generation kommen. Die Maßgabe: „electric first“. Soll heißen: Elektroantrieb hat Vorrang – und sind Kompromisse fällig, wird Mercedes sie beim Verbrenner eingehen. „Bei 138 Märkten weltweit“, sagt Groeneveld, „werden wir dann nicht mehr jedes Auto um jeden Preis anbieten.“
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