E-Auto-Boom mit Schönheitsfehlern
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Zu Beginn des neuen Jahres stehen zahlreiche politische Entscheidungen an, die für den weiteren Erfolg der alternativen Antriebe in Deutschland von entscheidender Bedeutung sind. Dazu erklärt Reinhard Zirpel, Präsident des Verbandes der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK): „Nachdem Elektroautos den Marktdurchbruch geschafft haben, kommt es nun darauf an, dass sie auch für die Mehrheit der Autokäufer attraktiv werden. Dazu muss die neue Ampel-Regierung in der ersten Jahreshälfte wichtige Weichen stellen. Die Elektro-Kaufförderung und der Ausbau der Ladeinfrastruktur sind die wichtigsten Hebel.“
Nachdem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck die Kaufprämie für Elektroautos bis Ende 2022 verlängert hat, steht die Neuregelung ab 2023 an. Der so genannte Umweltbonus soll laut Koalitionsvertrag degressiv weiterentwickelt werden. Zirpel warnt ausdrücklich vor einem zu starken Abschmelzen des Umweltbonus in den kommenden Jahren: „Die Bundesregierung sollte stattdessen eine Verlängerung des Umweltbonus auch über 2025 hinaus in Erwägung ziehen. Schließlich hat sich die Ampel-Regierung mit 15 Millionen Elektroautos bis 2030 ein sehr ambitioniertes Ziel gesetzt. Um es zu erreichen muss die Förderung passen.“
Bei der Reform der Elektroauto-Kaufförderung solle der Bürokratieabbau im Vordergrund stehen. Je nach Kaufpreis, Antriebsart und Leasinglaufzeit gibt es beim Umweltbonus derzeit 16 verschiedene Fördersätze. Für Plug-In-Hybride plant die Ampel weitere Verschärfungen, nämlich den Nachweis des elektrischen Fahranteils. Zirpel weiter: „Wenn die Förderung immer komplizierter wird und viele Autokäufer sie nicht mehr verstehen, dann kommen weniger Elektroautos auf die Straßen. Das wäre schlecht fürs Klima. Keep it simple, so muss die Devise für die Reform lauten.“
Der Aufbau der Lade- und Tankinfrastruktur für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben ist die nächste Baustelle für 2022. In Deutschland wurde hier schon vieles in Gang gebracht. Auch der Koalitionsvertrag der Ampel weist in die richtige Richtung. Zirpel betont jedoch, dass sich Deutschland Verzögerungen und Reibungsverluste beim Aufbau der Ladeinfrastruktur nicht mehr leisten könne: „Über 90 Prozent der bis 2030 benötigten Ladeinfrastruktur muss erst noch aufgebaut werden. Die Herausforderung ist jedoch, dass sich Ladesäulen oftmals noch nicht wirtschaftlich betreiben lassen. Wir sehen daher in den kommenden Jahren einen Förderbedarf von mehreren Milliarden Euro jährlich in der Spitze.“
„Der Abschied vom klimaschädlichen Verbrenner läuft noch längst nicht schnell genug“
Für das Automobiljahr 2022 rechnet der VDIK mit einem Neuzulassungsvolumen von rund 3 Millionen Pkw. Das wäre ein Plus von 15 Prozent. 2021 war der Pkw-Markt eingebrochen, auf nur noch 2,6 Millionen Neuwagen, rund eine Million weniger als im Vorkrisenjahr 2019. Davon waren rund 356.000 vollelektrisch, ein Plus von 83 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Doch Umweltschützer sehen in der hohen E-Auto-Nachfrage und der geringeren Zahl an Neuwagen kaum gute Nachrichten für das Klima: „Niemand darf die durch Chip-Mangel und wirtschaftliche Unsicherheiten gesunkene Zahl der Neuzulassungen mit einem Erfolg der Mobilitätswende verwechseln“, betont Greenpeace-Verkehrsexperte Tobias Austrup. „Obwohl die Zahl der E-Autos deutlich zulegt, läuft der Abschied vom klimaschädlichen Verbrenner noch längst nicht schnell genug.“
Auch den hohen Zuwachs bei Hybrid-Fahrzeugen, Plug-in-Hybriden und SUV sehen Umweltschützer kritisch. Die meisten Plug-in-Hybride „werden kaum elektrisch gefahren und stoßen entsprechend weit mehr Klimagase aus, als die Hersteller uns weis machen wollen“, sagt Austrup. Auch der Trend zu immer größeren und schwereren SUV ist aus Klimasicht mit Sorge zu sehen.
Das Umweltbundesamt (UBA) sieht reine Elektroautos allerdings auch nicht als Allheilmittel: „Eine nachhaltige Verkehrswende gelingt nur, wenn der Fokus auch auf Vermeidung und Verlagerung gelegt wird“, heißt es in einer früheren Untersuchung des UBA zur Umweltfreundlichkeit von Elektroautos. In einer lebenswerten Stadt werde das Auto zugunsten eines attraktiveren ÖPNV und besseren Rad- und Fußwegen zurückgedrängt.
Quelle: VDIK – Pressemitteilung vom 10.01.2021 / Automobilwoche – Weniger Neuzulassungen nicht zwingend gut fürs Klima
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