Warum Verkehrsminister Wissing die Klimaziele nicht verschärfen will
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Viele hatten gehofft, dass mit der Ampel-Koalition ein Verkehrsminister das Amt übernimmt, der – wie im Koalitionsvertrag eigentlich festgelegt – mit Nachdruck und Tatandrang auf einen möglichst schnellen und umfassenden Wandel zu wirklich emissionsfreier Mobilität hinarbeitet. Doch nach den ersten Wochen von Volker Wissing (FDP) wird klar: Er wehrt sich gegen ehrgeizigere Klimaziele, wie er zuletzt in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung offen zugab.
Zuletzt gab es einen Streit innerhalb der neuen Regierung über die Klimaziele der EU-Kommission. Umweltministerin Steffi Lemke (Die Grünen) wollte auf EU-Ebene wesentlich härtere Grenzwerte für die Pkw-Flotten durchsetzen: Eine Reduzierung der CO2-Emissionen der Neuwagenflotte auf 75 Prozent bis 2030 statt der aktuell beschlossenen 55 Prozent. Wissing aber blockte ab. Er sagte in dem Interview, dass die Klimaziele der Kommission, wie sie in dem Programm ‚Fit for 55‘ festgelegt sind, „in der Koalition nicht zur Debatte“ stünden. Ihm sei wichtig, diese vereinbarten Klimaschutzziele zu erreichen, „aber wir müssen dabei immer darauf achten, dass wir den Bogen nicht überspannen“.
Man dürfe „nicht immer nur Druck, Druck, Druck ausüben“, sagte Wissing, womit er den Druck auf Gesellschaft zu nachhaltigerem Handeln meint. Er befürchtet, „die Bevölkerung [zu] verlieren, weil sie zu stark in ihrer Mobilität eingeschränkt wird“. Er befürchtet, „Arbeitsplätze [zu] verlieren, weil wir mit immer neuer Regulierung verhindern, dass die Automobilindustrie einen kontinuierlichen Transformationsprozess verfolgen kann“. Ihm sei „wichtig, dass ein einmal beschlossener Regulierungsrahmen nicht ständig neu diskutiert und infrage gestellt wird“, da dies Verunsicherung schaffe und eine erfolgreiche Transformation erschwere.
Er sieht das Dilemma in der Debatte mit Lemke darin, dass eine Umweltministerin die Aufgabe habe, „dafür zu sorgen, dass Umweltziele mit Nachdruck verfolgt werden“. Ein Verkehrsminister allerdings habe „die Verantwortung, dafür zu sorgen, dass eine Gesellschaft mobil bleibt“. Und diese Mobilität sieht er mit zu harten Klimazielen gefährdet.
Einen wichtigen Baustein, um die im Koalitionsvertrag anvisierten 15 Millionen elektrische Fahrzeuge auf deutschen Straßen bis 2030 zu erreichen, sieht der Verkehrsminister im Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur. Er sagt, er nutze „jede Möglichkeit, die sich bietet, um den Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur zu beschleunigen“.
„Jeder sollte seinen Beitrag leisten“
Gleichzeitig nimmt er auch die Automobilindustrie in der Verantwortung, sich daran zu beteiligen: „Die Unternehmen haben ja auch ein Interesse daran, dass ihre Fahrzeuge vom Kunden genutzt werden können, und das setzt eine entsprechende Infrastruktur voraus“, so Wissing. Und deshalb sollte „jeder seinen Beitrag leisten“. Er führe bereits Gespräche mit der Automobilindustrie und sagt, er habe Signale bekommen, die „in die richtige Richtung“ gehen.
Und einmal mehr bekräftige Wissing in dem Interview, dass er den rein elektrischen Batterieantrieb nicht als unangefochtene Technologie der Zukunft sieht. Auch der Verbrenner werde weiterhin gebraucht, so der Verkehrsminister, etwa für den schweren Nutzverkehr oder Flugzeuge. Ein Verbrennungsmotor sei „ein echtes Universaltalent“ und könne „vom Mofa bis hin zu schweren Nutzfahrzeugen für alles eingesetzt werden“, so Wissing. Fossil betrieben habe er allerdings „den bekannten Nachteil, dass er CO2-Emissionen verursacht“. Und das wolle er ändern, indem ab 2035 nur noch Verbrennungsmotoren zugelassen werden, „die nachweislich nur mit klimaneutralen Kraftstoffen betankt werden können“.
Quelle: Bundesministerium für Digitales und Verkehr – Pressemitteilung vom 19.02.2022
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