Eine Branche im Wandel: Was derzeit die Autohersteller umtreibt
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Die globale Autoindustrie soll noch bis 2024 mit Angebotsbeschränkungen und Nachfragedruck kämpfen müssen, welche die Fahrzeugpreise bei geringeren Mengen für die Verbraucher:innen in die Höhe getrieben und auf Seiten der Hersteller zu betrieblichen Ineffizienzen und Notlagen in der Lieferkette geführt haben, so eine neue branchenweite Analyse von AlixPartners, einem globalen Beratungsunternehmen. Die Verfügbarkeit der zuletzt sehr knappen Halbleiter soll sich in den kommenden Jahren stetig wieder verbessern. Die weltweite Autobranche investiert AlixPartners zufolge allein bis 2026 insgesamt gut 530 Milliarden US-Dollar (etwa 500 Milliarden Euro), um die Umstellung auf batterieelektrische Fahrzeuge (BEV) zu finanzieren. Dieser Übergang allerdings, der inmitten gedämpfter wirtschaftlicher Aussichten stattfindet, könnte Autohersteller und Zulieferer 70 Milliarden Dollar (etwa 66 Milliarden Euro) kosten, wenn er nicht optimal durchgeführt wird.
Die neueste AlixPartners-Prognose geht davon aus, dass reine E-Autos bis 2035 in allen wichtigen Regionen der Welt die Mehrheit der Neuzulassungen stellen und Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor (ICE) weit übertreffen werden. Das Wachstum des BEV-Marktes werde jedoch durch Rohstoffkosten gedämpft, die gut 125 Prozent höher liegen als bei einem vergleichbaren Verbrenner-Fahrzeug. Darunter leide auch die Bereitschaft in der Automobilindustrie, den Wandel zügig voranzubringen. Die Studie empfiehlt den Unternehmen der Branche ein proaktives Redesign der Lieferkette und ein strengeres Kostenmanagement, um später kostspielige Überraschungen zu vermeiden.
Während die Einschränkungen bei der Verfügbarkeit von Neuwagen eine Herausforderung für die Verbraucher waren und viele aufgrund mangelnder Verfügbarkeit und höherer Preise in Richtung Gebrauchtwagenmarkt getrieben wurden, stellt die Studie zugleich fest, dass die Automobilhersteller dank höherer Preise und dem Verkauf quasi aller produzierten Fahrzeuge in der Lage waren, ihre Gewinnspannen zu erhöhen und 2021 einen Anstieg des wirtschaftlichen Gewinns um 68 Prozent gegenüber 2018 zu erreichen. Gleichzeitig sollen OEMs ihre Nettoverschuldung um 103 Milliarden Dollar bzw. 11 Prozent gesenkt haben. Analysten und Investoren erwarten, dass sich dieser Trend fortsetzt, und prognostizieren eine kurzfristige Verdoppelung des wirtschaftlichen Gewinns der Branche bis 2023 auf 89,2 Milliarden Dollar.
Die Erwartungen werden jedoch nicht leicht zu erfüllen sein, so die AlixPartners-Analyse weiter. Denn der Bedarf an Investitionen werde sich mit der größeren Verbreitung von E-Autos weiter erhöhen, da beispielsweise auch der Bedarf an Infrastruktur zunehme, bei der auch die Hersteller in der Bringschuld stehen. Aktuell seien die meisten Käufer von E-Autos noch Early-Adopter, die negative Begleiterscheinungen wie höhere Preise und Abstriche beim Ladekomfort in Kauf nehmen, so die Analyse. Wenn allerdings BEV bis 2024 alle Volumensegmente der Top-Hersteller abdecken, sollen sich neue Käufer mehr auf den Kaufpreis, die Betriebskosten und den Ladekomfort konzentrieren, so AlixPartners. Zum Beispiel seien bis zum Ende des Jahrzehnts allein in den USA 48 Milliarden Dollar an Investitionen in die Ladeinfrastruktur notwendig. Bislang seien hierfür aber nur 11 Milliarden Dollar davon in den Planungen der Hersteller gebunden.
Besonders anfällig im Rahmen der Antriebswende seien die Zulieferer, so die Studie, da ihr Anteil an Einzelteilen pro Fahrzeug stetig sinke, weil einerseits immer mehr neue Marktteilnehmer, vor allem Batterie- und Technologielieferanten, zu Wettbewerbern werden und andererseits sich die Autohersteller dazu entschieden haben, immer mehr der neuen Komponenten für E-Autos selbst herzustellen, um ihrerseits bestehende Anlagen und Personal in das Zeitalter der E-Mobilität zu retten.
Corona hat die Rohstoffpreise mehr als verdoppelt
Erschwerend für die Antriebswende hinzu kommt laut dem Bericht von AlixPartners, dass sich die Rohstoffkosten für Elektroautos während der Coronavirus-Pandemie mehr als verdoppelt haben. Demnach beliefen sich die durchschnittlichen Rohstoffkosten für ein Elektroauto im vergangenen Mai auf 8255 US-Dollar pro Fahrzeug (7808 Euro), ein Plus von 144 Prozent gegenüber nur 3381 Dollar (3198 Euro) pro Fahrzeug im März 2020. Vor allem Batterie-Materialien wie Kobalt, Nickel und Lithium haben die Kosten in die Höhe getrieben. Die E-Auto-spezifische Kosten sind AlixPartners zufolge von rund 2000 Dollar (etwa 1900 Euro) innerhalb der vergangenen zwei Jahre auf gut 4500 Dollar (etwa 4250 Euro) gestiegen.
Die Kostensteigerungen sind aber nicht nur auf Elektroautos beschränkt: Die Rohstoffkosten für herkömmliche Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor haben sich in diesem Zeitraum ebenfalls mehr als verdoppelt auf 3662 Dollar pro Fahrzeug, ein Plus von 106 Prozent gegenüber den durchschnittlich 1779 Dollar pro Fahrzeug im März 2020. Hier seien vor allem die höheren Preise für Stahl und Aluminium die Kostentreiber. Autohersteller haben diese Zusatzkosten bereits an ihre Kunden weitergegeben, und die Preise für Neufahrzeuge zuletzt erhöht.
Quelle: AlixPartners – Pressemitteilung vom 22.06.2022
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