Teurer Strom bremst Elektromobilität – dennoch kein Grund zur Sorge
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Kaum steigen die Strompreise, wird bereits der Abgesang auf die Elektromobilität angestimmt. Einige Experten sehen in der aktuellen Strompreisentwicklung eine akute Gefahr für die Verkehrswende. Andere wiederum beruhigen. Auch das Ziel der Bundesregierung für 2030 sei nicht in Gefahr.
15 Millionen Elektroautos auf deutschen Straßen. Das erklärte Ziel der Bundesregierung für 2030 wirft aktuell viele Fragen auf: Wird es dafür wohl genügend Strom geben? Und wird dieser bezahlbar sein? Fakt ist, dass die momentane Strompreisralley den Kostenvorteil gegenüber Verbrennern schmälert. Ladestromanbieter erhöhen ihre Preise – bis zu 80 Cent pro Kilowattstunde an Schnellladesäulen sind keine Seltenheit mehr. Die Preise für Schnellladen stiegen im vergangenen Jahr um bis zu 76 Prozent – während die Benzin- und Dieselpreise nur um etwa 50 Prozent anzogen. „Den massiv gestiegenen Beschaffungspreisen kann sich langfristig kein Anbieter entziehen„, erklärt eine Sprecherin des Energiekonzerns E.on.
Dennoch ist ein Elektroauto im Betrieb immer noch günstiger als ein Verbrenner – aufgrund des geringeren Energieverbrauchs auf 100 Kilometer. Der Break-Even soll aktuell bei etwa 95 Cent pro Kilowattstunde liegen – kostet der Strom mehr, könnte der Betrieb eines Verbrenners günstiger kommen. Das gilt allerdings nur für jene Elektroautos, die vorwiegend im öffentlichen Schnellladenetz geladen werden. Der überwiegende Teil der E-Fahrer kann aber auf eine eigene Lademöglichkeit zu Hause oder bei der Arbeit zurückgreifen.
Experten sind dennoch besorgt: Werde ein Stromer im Verbrauch teurer als ein Benziner oder Diesel, würde sich kaum noch jemand ein Elektroauto kaufen, gibt Stefan Bratzel, Chef des Centers of Automotive Management an der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch-Gladbach zu bedenken. Um ein Abflachen des Marktanlaufs zu verhindern, müsse die Bundesregierung dafür sorgen, dass die Strompreise unter den Spritpreisen bleiben. Eine Strompreisbremse für Ladestrom solle her.
Um die 15 Millionen-Marke 2030 zu erreichen, muss der derzeitige Bestand an Elektroautos verachzehnfacht werden. Dafür muss auch der Strom irgendwo her kommen, in einem Umfeld, in dem Kohle- und Atomkraftwerke stillgelegt werden. Bisher wurde Gas als Brückentechnologie favorisiert. Bis 2030 sollten mindestens 50 neue Gaskraftwerke gebaut werden, die etwa 20 bis 30 zusätzliche Gigawattstunden liefern sollen. Dank Putins Energiekrieg scheint das heute illusorisch.
Wo wird der zusätzliche Strom für die Elektroautos also herkommen? Martin Wietschel, Leiter des Competence Centers Energietechnologien und Energiesysteme am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung, beruhigt. Erstens scheine der zusätzliche Strombedarf für 15 Millionen Autos mit rund 42 Terawattstunden pro Jahr „viel zu sein, ist es aber nicht„. Zweitens müssten die erneuerbaren Energien ohnehin schnell ausgebaut werden. Die bis 2045 geplante Strommenge aus Wind und Sonne würde fast 800 Terawattstunden im Jahr liefern. Die Herausforderung liege eher darin, das Gas und Öl der Industrie zu kompensieren und den Bedarf an Wärmepumpen zu decken. Den zusätzlichen Strombedarf für Elektroautos sieht Wietschel als eher kleines Problem. Vielmehr könne das Elektroauto zur Energiewende beitragen, wenn es genutzt werden könnte, um „Schwankungen der Erneuerbaren auszugleichen„.
Grünen Wasserstoff oder E-Fuels im Auto sieht der Experte hingegen als kaum sinnvoll – der Strombedarf in der Erzeugung sei einfach zu hoch. Sie seien keine Alternative zur Batterie. Hinsichtlich der Strompreisentwicklung beruhigt Wietschel ebenfalls. Vor dem Krieg hätte man mit einem relativ stabilen Strompreis bis 2030 gerechnet – mit einem Rückgang danach. Langfristig sei immer noch davon auszugehen – die aktuelle Preisexplosion also nur ein vorübergehender Effekt.
Quelle: Berliner Zeitung – Teurer Strom: Ist die Elektromobilität am Ende?
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