Resümee: Deutlich mehr E-Autos in Mittelosteuropa im Jahr 2022
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Die Entwicklung der E-Mobilität in Mittelosteuropa verlief im letzten Jahr äußerst dynamisch und ausgesprochen vielfältig. Dafür war vor allem Polen verantwortlich. Der polnische Absatzmarkt für Autos ist mit Abstand der wichtigste und größte in der Region. Der polnische Verband für Alternativantriebe (PSPA) bewertet in seinem Jahresreport die Entwicklung als gut bis sehr gut, denn “die E-Flotte in Polen hat sich seit Ende 2020 um 69 % mehr als verdreifacht.”
“Die Zahl der Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen für den Personenverkehr in Polen stieg um 22.413 Einheiten bzw. 36 % gegenüber 2021, während der Primärmarkt in Polen, einschließlich der Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, um fast 7 % zurückging. Schwierigkeiten bei der Verfügbarkeit von Neuwagen machen Elektroautos zu einer gleichwertigen Alternative für viele Käufer, die den Kauf eines Elektroautos bisher nicht in Betracht gezogen haben” erklärt der Leiter des Forschungs- und Analysezentrums der PSPA Jan Wiśniewski
Einen nicht unerheblichen Impuls für den Anstieg der Zulassungen von elektrisch betriebenen Fahrzeugen in Polen hatte im vergangenen Jahr das Förderprogramm „Mój Elektryk”. Allein bis Mitte November 2022 nahm die zuständige Behörde NFOŚiGW Anträge für die Förderung des Kaufs von 1300 Fahrzeugen entgegen. Im Rahmen von anderen Förderungen wurden Anträge für 4900 BEVs gestellt.
Damit lag die Gesamtzahl der geförderten E-Fahrzeuge bei 6200, was 10 % der gesamten in Polen zugelassenen vollelektrischen Pkw- und Transporterflotte entspricht. Die vielen Förderanträge verheißen aber auch für 2023 und 2024 weitere Steigerungen bei den E-Autokäufen. Das für die nächsten Jahre veranschlagte Fördervolumen ermöglicht noch über 16 000 E-Autos einen entsprechenden Zuschuss.
Die Polen lieben den Nissan Leaf
Wie schon in den vergangenen Jahren ist das beliebteste elektrische Auto in Polen der Nissan Leaf. Das Modell verkaufte sich über 4000 Mal. Weit dahinter mit knapp über 2000 Stück hat sich der BMW i3 platziert. Erst auf dem dritten Platz mit weniger als 2000 verkauften Exemplaren war in Polen im Jahr 2022 das Tesla Model 3 nachgefragt worden. Unter den fünf besonders beliebten Stromern befanden sich auch der Renault ZOE und der KIA e-Niro.
Die Beliebtheit der Marke Nissan in Polen könnte in den nächsten Jahren ein Einfallstor für den Stromer des chinesischen Automobilherstellers Geely werden. Geely wird 2023 sein SUV-Modell Geometry C. über den Händler und Importeur Grand Automotive Central Europe in der Slowakei, Tschechien und Ungarn anbieten. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich die Chinesen auch auf dem polnischen Markt versuchen.
E-Autoabsatz der einzige Lichtblick in Tschechien
In Tschechien war im letzten Jahr der Absatz von E-Autos der einzige Lichtblick in der sonst sehr düsteren Stimmung auf dem heimischen Automarkt. Im Jahr 2022 wurden 192.087 neue Personenkraftwagen in das tschechische Fahrzeugregister eingetragen. So wenige Fahrzeuge wurden seit 2013 nicht zugelassen. Allein die BEV-Zulassungen nahmen mit 47% sehr stark zu. Bleiben aber mit einem Anteil von 6,4% eine Marktnische. Die staatlichen Kaufprämien spielen auch in Tschechien eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der E-Mobilität. Das tschechische Verkehrsministerium setzt daher auf weitere Förderprogramme für emissionsfreie Fahrzeuge.
„In diesem Jahr wird der Nationale Aktionsplan für saubere Mobilität aktualisiert, um insbesondere auf die neuen Anforderungen des Entwurfs der AFIR (Alternative Fuels Infrastructure Regulation) zu reagieren, vor allem im Hinblick auf die Entwicklung der Elektromobilität im Güterverkehr“, sagt Jan Bezděkovský, der Beauftragte des Verkehrsministers für saubere Mobilität, und fügt hinzu: „Obwohl die aktuellen Zahlen über die Anzahl der zugelassenen Elektrofahrzeuge für das letzte Jahr recht positiv sind, sind sie immer noch niedriger als in den meisten europäischen Ländern, und deshalb werden wir sicherlich mögliche Maßnahmen diskutieren, um den Stand der Elektromobilität in der Tschechischen Republik weiter zu verbessern.“
Während in Polen der Nissan Leaf besonders beliebt ist, bevorzugen die Tschechen die heimische Marke Škoda. Die E-Modelle mit den meisten Neuzulassungen waren der Škoda Enyaq iV, Volkswagen ID.4, Hyundai KONA, Tesla Model Y und Kia EV6.
Die Slowakei braucht noch Zeit und die Balten kämpfen gegen die Inflation an und kaufen gebrauchte Stromer
Nach Angaben des Europäischen Verbands der Automobilhersteller (ACEA) wurden in der Slowakei im dritten Quartal 2022 lediglich 327 Elektroautos verkauft, was einem Anstieg von 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. In den ersten neun Monaten des Jahres 2022 waren es insgesamt 992 Einheiten, was einem Anstieg von fast 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht.
In den baltischen Ländern stand das vergangene Jahr vor allem für eine horrende Inflation. Die Inflationsraten stiegen schon im Herbst auf weit über 20%. Der Absatzmarkt für Autos blieb davon nicht verschont. So haben sich die Gebrauchtwagen in Litauen um mehr als 30 % gegenüber dem Vorjahr verteuert. Der Markt ist dadurch geradezu eingebrochen.
Allein der Anteil der Elektrofahrzeuge ist stetig gewachsen und betrug in Litauen rund 5,5%. In Litauen dominieren zwar die Volkswagenmodelle ID4 und ID3, aber gleich dahinter ist der Nissan Leaf. In Lettland fahren mit knapp über 3 640 E-Fahrzeuge ausgesprochen wenige Stromer, aber ihre Zahl ist letztes Jahr rasant gewachsen. Das gilt weniger für die Neuzulassungen, als für Gebrauchte. Hier signalisieren die lettischen Versicherungsgesellschaften eine Zunahme von über 50%.
“Wir haben auch festgestellt, dass bereits gebrauchte Elektroautos aus großen europäischen Ländern, vor allem aus Deutschland, nach Lettland importiert werden. Wir führen dies auf die Nutzung von Elektroautos in Riga zurück, wo diese Autos mehrere Vorteile haben – freie Parkplätze, freie Fahrt auf öffentlichen Verkehrswegen und leichteren Zugang zu Ladestationen“, erklärte der Produktleiter des lettischen Versicherungsunternehmens KASKO Robert Skrupskis den lettischen Medien. „Wir sehen auch, dass der BMW i3 an erster Stelle auf der Beliebtheitsskala steht, das Tesla Model 3 an zweiter Stelle und der Škoda Enjaq an dritter Stelle“, ergänzte Skrupskis.
Die Verkaufsstatistiken des Verbandes der Automobilvertriebs- und -serviceunternehmen in Estland (AMTEL) zeigen, dass Elektroautos in Estland vor allem als Premiumfahrzeuge verkauft werden. „Rund 40 Prozent der verkauften Elektroautos sind deutsche Premiummarken – Audi, Mercedes-Benz, Porsche und BMW. Ihr Marktanteil beim Verkauf von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren beträgt jedoch nur 10 Prozent. Dies zeigt, dass in Estland die schnellste Umstellung auf Elektroautos allein bei Geschäftsführern, Eigentümern und Spitzenkräften stattfindet“, sagte Arno Sillat, Leiter von AMTEL. E-Autos der Mittelklasse, wie Škoda und Hyundai, platzierten sich auf den 9. und 10. Platz unter den zehn beliebtesten E-Automarken.
Aleksandra Fedorska ist polnisch-deutsche Politologin und Publizistin. Sie arbeitet als Korrespondentin für polnische und deutsche Medien in den Fachbereichen Energiepolitik und E-Mobilität. Fedorska lebt und arbeitet im schleswig-holsteinischen Jagel und in der polnischen Stadt Poznań.
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