Das Ende von E-Autos im Fuhrpark? Staat streicht Gewerbekunden-Förderung
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Seit Anfang des Jahres gelten für E-Auto-Käufer neue Förderrichtlinien zum Umweltbonus, Plug-in-Hybride sind seitdem nicht mehr förderfähig. Doch bald stehen weitere Einschnitte bevor: Ab dem 1. September sollen nur noch Privatpersonen antragsberechtigt sein, Flottenkunden werden dann also in die Röhre schauen. Wird die E-Mobilität damit ausgebremst?
Zu Beginn ein kurzer Rückblick: Die Bundesregierung hat sich das Ziel von 15 Millionen vollelektrischen Pkw bis zum Jahr 2030 gesetzt. Den Umweltbonus gibt es glücklicherweise nach wie vor, jedoch seit dem 1. Januar dieses Jahres in abgespeckter Form. Und weil der Fokus laut Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) auf einen nachweislich positiven Klimaschutzeffekt gelegt wird, wurde die Förderung für Plug-in-Hybride (PHEV) bekanntermaßen ganz gestrichen. Zugleich wurde der Umweltbonus für E-Autos aber auch reduziert. Aktuell gibt es „nur“ noch 4500 Euro (ohne Herstelleranteil) bis zu einem Netto-Listenpreis des Basismodells von 40.000 Euro und 3000 Euro bei einem Netto-Listenpreis über 40.000 Euro bis 65.000 Euro. Die Mindesthaltedauer beim Kauf und beim Leasing hat sich zudem auf 12 Monate verdoppelt. Der Bundesanteil sinkt ab 1. Januar 2024 weiter auf 3000 Euro und der Förderdeckel von 65.000 Euro auf 45.000 Euro Netto-Listenpreis des Basismodells.
Zudem stehen weitere Einschnitte bevor: Ab dem 1. September 2023 werden keine rein elektrischen Fahrzeuge mehr gefördert, die gewerblich zugelassen werden. Die enorm langen Lieferzeiten kombiniert mit der Regelung der Regierung, dass der Zulassungszeitpunkt und nicht die Bestellung entscheidend für die Zuwendung ist, führen dazu, dass fest einkalkulierte Förderbeträge für bereits bestellte Fahrzeuge in Unternehmen entfallen könnten. Allerdings trägt die Nachfrage nach Elektroautos wesentlich zum Wachstum des Fottenmarkts bei; bedeutet dies etwa, dass die E-Mobilität unnötigerweise ausgebremst wird? Das Marktforschungsunternehmen Dataforce hat sich die Sache genauer angeschaut und gibt eine Prognose ab. Für Unternehmen stellt sich dabei in erster Linie die Frage nach der Wirtschaftlichkeit.
Bei Streichung der Gewerbekundenförderung könnten vor allem kleine und mittelgroße Unternehmen von der weiteren Flotte-Elektrifizierung Abstand nehmen | Bild: BMW Group/Mini
Elektroautos werden sich nach längerer Nutzungsdauer rechnen
Rechnen sich Elektroautos noch oder wird das Ganze zu einem massiven Verlustgeschäft gegenüber der Anschaffung eines klassischen Verbrenners? Die Antwort ist nicht ganz so einfach. Elektroautos sind teurer in der Anschaffung als klassische Verbrenner – folglich auch im Leasing. Damit geraten Unternehmen massiv unter Druck. Vor allem, weil die Dienstwagennutzenden weiterhin in Richtung Plug-in-Hybride und rein elektrische Fahrzeuge drängen werden. Warum? Weil die Vergünstigung bei der Besteuerung des geldwerten Vorteils selbst nach Wegfall der staatlichen Förderungen unverändert bleibt – auch bei den PHEVs.
„Erschwerend kommt die enorme Kostensteigerung im Strompreissegment hinzu. Dazu muss man aber sagen, dass die Entwicklung bei den Verbrennerkraftstoffen ebenfalls alles andere als erfreulich und kalkulierbar ist“, so die Dataforce-Experten. Entscheidend sei bei den gewerblich genutzten Fahrzeugen am Ende die Total Cost of Ownership (TCO). Der Kostennachteil aus dem höheren Wertverlust der Elektroautos wurde bisher durch die deutlich geringeren Betriebskosten über die Nutzungsdauer kompensiert. Durch den Wegfall der Subventionen und die durch die Energiekrise höheren Stromkosten verschiebt sich der Amortisationszeitpunkt nach hinten. Das bedeutet, der Zeitpunkt, ab dem sich ein Elektroauto gegenüber dem klassischen Verbrenner rechnet, tritt später ein.
Fakt ist: Wenn dieser Zeitpunkt über die übliche Nutzungsdauer eines Dienstwagens hinausgeht, rechnet sich das E-Auto nicht mehr. Es hilft in diesem Fall nichts, wenn sich das Elektrofahrzeug rein rechnerisch nach viereinhalb Jahren bezahlt macht, das Unternehmen Dienstwagen aber nur drei Jahre fährt.
Schnürt man ein Gesamtpaket – Wegfall der staatlichen und herstellerseitigen Prämie, höhere Stromkosten, Zusatzkosten für Ladeinfrastruktur und höhere Verwaltungsaufwendungen – , dann wird schnell klar, dass die wirtschaftlichen Argumente „Pro Elektromobilität“ massiv schwinden. Die Marktforscher sind folgender Meinung: „Mit Sicherheit wird dies schlussendlich dazu führen, dass Unternehmen von der (weiteren) Elektrifizierung Abstand nehmen. In der aktuellen Situation können es sich immer weniger Unternehmen leisten, Mehrkosten für Nachhaltigkeitsargumente in Kauf zu nehmen.“ Diese Aussage gilt vor allem für kleine und mittlere Unternehmen. Schließlich spielt der Kostenfaktor bei KMUs (Kleinstunternehmen, kleine Unternehmen und mittlere Unternehmen) dann doch eine größere Rolle als das grüne Image.
„Aber die großen Fuhrparkbetreiber werden die Elektrifizierung trotzdem weiter vorantreiben, schon allein um ihren CO2-Fußabdruck zu reduzieren“, meint der Dataforce-Flottenexperte Benjamin Kibies in einem Bericht der Automobilwoche. So oder so sind weitreichende Folgen nicht auszuschließen: Mit Wegfall der E-Auto-Förderung für Gewerbekunden wird eine Durchsetzung der Elektromobilität insgesamt schwieriger. Schließlich bedeuten weniger Elektrofahrzeuge in Unternehmensfuhrparks auch weniger günstige Gebrauchtwagen im Privatmarkt.
Seitdem es keine staatliche Förderung für Plug-in-Hybride mehr gibt, sind Nachfrage und Zulassungen für PHEVs stark gesunken | Bild: Toyota
Plug-in-Hybride sind out, BEVs bleiben in
Wie die Automobilwoche unter Berufung auf die Datatforce-Experten weiter berichtet, zeige vor allem die Betrachtung der Plug-ins, wie schnell das Pendel umschlagen kann: Zählte Dataforce 2022 noch knapp 152.000 neu zugelassene Plug-ins in den Fuhrparks, waren es in den ersten vier Monaten 2023 nur noch knapp 23.000. Viele Fuhrparks hätten PHEVs sogar komplett gestrichen, heißt es. Kaum verwunderlich, denn laut Berechnungen von Dataforce seien Plug-in-Hybride ohne die staatlichen Zuschüsse „mit Abstand am teuersten„. Zugrundegelegt wurden drei Jahre Haltedauer und eine Laufleistung von 50.000 Kilometern: Für einen PHEV kommen die Analysten auf Kosten von 51.666 Euro (inklusive Steuer und Kraftstoff). Benziner (44.752 Euro) und E-Auto (43.745 Euro) seien deutlich günstiger. „Entfällt jedoch die Prämie von 4500 Euro und bleiben die Kraftstoff- und Strompreise auf dem aktuellen Niveau, so haben die Benziner wiederum die Nase vorn“, so Kibies weiter.
Wer nun glaubt, die Kürzung der E-Auto-Förderung habe der E-Auto-Nachfrage geschadet, der irrt jedoch. Das zeigt die Entwicklung im April: Insgesamt legten die Neuzulassungen um knapp 13 Prozent auf rund 203.000 Pkw zu, neben dem Vermieterkanal (plus 42 Prozent auf 23.500 Neuzulassungen) auch der relevante Flottenmarkt (plus 29 Prozent auf 71.500 Neuzulassungen). Damit würden die gewerblichen Zulassungen quasi auf dem durchschnittlichen Niveau der Jahre 2016 bis 2019 liegen. Zum Wachstum haben E-Autos stark beitragen: Mit einem Plus von knapp 74 Prozent auf 12.300 Pkw sind Elektroautos mit Abstand die drittstärkste Antriebsart hinter Benzinern (plus 43 Prozent auf 26.200 Pkw) und Dieseln (plus 25 Prozent auf 26.100 Pkw). „Die guten BEV-Zahlen liegen aber auch an den langen Lieferzeiten für Elektroautos. Viele der jetzt zugelassenen BEVs wurden noch in der ersten Jahreshälfte 2022 bestellt“, wird der Flottenexperte bei der Automobilwoche zitiert.
Fakt ist: Die Elektromobilität entscheidet zusammen mit der Digitalisierung über die Zukunft der Automobilindustrie. Dass sich die Automobilindustrie in einem deutlichen Strukturwandel befindet, ist sicherlich kein Geheimnis. Auslöser sind die Digitalisierung, die Automatisierung und neue Antriebstechnologien als Antwort auf die Regulierung von Schadstoff- und CO2-Emissionen, um dem Klimawandel entgegenzuwirken. Damit aus diesem technologischen und regulatorischen Wandel eine klimafreundliche Mobilität resultiert, müssen jetzt flankierende wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen gesetzt werden. Nur mit weiteren unterstützenden Maßnahmen wird es gelingen, die Entwicklung der Elektromobilität in der aktuellen Phase des Markthochlaufs noch deutlicher zu forcieren und die von der Bundesregierung gesetzte Zielmarke von 15 Millionen vollelektrischen Pkw bis 2030 zu erreichen.
Quellen: Dataforce – Das Ende der Elektroautos im Fuhrpark? / Automobilwoche – Weniger Förderung bremst BEVs nicht / Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz – Bundesanzeiger Bekanntmachung vom 9.12.2022
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