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Unterwegs im MAN Lion’s City 10 E

Unterwegs im MAN Lion’s City 10 E

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Ein funktionierender Öffentlicher Nahverkehr ist unabdingbar, soll die Mobilitätswende gelingen. Der MAN Lion’s City 10 E soll für die Anbindung schwer erreichbarer Gegenden sorgen. Wir haben den Elektro-Bus auf die Probe gestellt.

Bei der Mobilitätswende treibt eine Frage die Menschen um. Was mache ich, wenn ich kein Elektroauto habe und außerhalb der Stadt wohne? Zwar wird das Netz des Öffentlichen Nahverkehrs immer weiter geknüpft. Die Gefahr, durch die Maschen zu fallen, bleibt aber. Vor allem, wenn man in schwer zugänglichen Gegenden wie etwa einem Bergdorf wohnt. Passstraßen mit engen Kehren und schmalen Fahrbahnen sind nicht für jeden Bus geeignet und verursachen bei den Lenkern der großen Fahrzeuge sowie entgegenkommenden Autofahrern nicht selten Schweißausbrüche.

Aus gutem Grund: Oft liegen zwischen einer sorgenfreien Fahrt und einem Fremdkontakt nur wenige Zentimeter. Sich mit einem 18 Meter langen Gelenkbus am Gegenverkehr vorbeizuquetschen, würde vom Fahrer ein Höchstmaß an Konzentration erfordern und wäre an manchen Stellen ohnehin unmöglich. Außerdem ist die Anzahl der Fahrgäste nicht so groß, dass sich der Einsatz eines solchen Gefährts rechnen würde. Schließlich kalkulieren die Busunternehmen und die Kommunen mit spitzem Stift und versuchen zu sparen, wo es nur geht.

MAN

Klar ist aber auch, dass der Wechsel hin zur Elektromobilität auch bei den Öffentlichen Verkehrsmitteln Fahrt aufnimmt. Also muss auch eine Lösung her. Der MAN Lion’s City 10 E ist 10,5 Meter lang und genau für diese Einsätze konzipiert. Das bedeutet aber nicht, dass der Elektro-Bus nicht auch im regulären Stadtverkehr nützlich ist. Schließlich wird auch in den Ballungsräumen der Platz immer weniger und die Verkehrsdichte nimmt zu.

Also haben die MAN-Ingenieure einfach einen MAN Lion’s City 12 E genommen, der schon in den Städten unterwegs sind und ein Modul herausgeschnitten. Das reduziert nicht nur das Gewicht um rund 350 Kilogramm, sondern verringert auch den Wendekreis drastisch: von 21,40 auf 17,23 Meter. Wichtig, wenn es um verwinkelte Ecken gehen soll. Damit das möglich ist, befindet sich die Achse vor der dritten Tür und der Elektromotor (in Fahrtrichtung) hinten links ist mit einer Gelenkwelle verbunden. „Im Prinzip können wir die Achse auch in einem Dieselbus verwenden“, erklärt Heinz Kiess, Leiter Produktmarketing Bus bei MAN. Das spart Kosten, trotzdem muss man für den Lion’s City 10 E rund 490.000 Euro auf den Tisch legen.

In dem MAN Lion’s City 10 E finden bis zu 80 Personen Platz. Bei unserer Bus-Konfiguration sind es 25 Sitzplätze ohne Fahrer, plus 42 Stehplätze. Damit ist der MAN-Mid-Bus ein klassischer Vertreter der Niederflurgattung, wie man sie tagtäglich im urbanen Personentransport vorfindet: Der Boden des Gefährts ist sehr niedrig und daher das Einsteigen für ältere Menschen oder solche mit eingeschränkter Mobilität recht einfach möglich. Diese Bauweise bedingt aber, dass die Batterien und die Klimaanlage auf dem Dach untergebracht sind. Alleine die fünf Akku-Pakete des Lion’s City 10 E wiegen drei Tonnen. Alles andere als ideal für den Schwerpunkt, aber je mehr Fahrgäste an Bord sind, desto effektiver neutralisieren diese den Nachteil.

Die Kapazität von 400 Kilowattstunden soll den MAN-Bus bis zu 300 Kilometer weit bringen. Der Antrieb besteht aus einem permanenterregten Synchronelektromotor (PSM) mit 160 kW / 217 PS beziehungsweise 240 kW / 326 PS Spitzenleistung und einem elektronisch begrenzten (!) Drehmoment von 2100 Newtonmetern. Der Elektrobus erreicht aus dem Stand seine Höchstgeschwindigkeit von 83 km/h nach etwa 35 Sekunden.

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Wir wollen wissen, ob das Konzept auch im Alltag aufgeht und sind mit dem Lion’s City 10 E in den Dolomiten unterwegs, genauer gesagt soll sich das 13,5-Tonnen-Gefährt zum Grödener Joch auf 2136 Meter nach oben schlängeln. Hier finden vor der Kulisse der malerischen Landschaft berühmte Ski-Weltcuprennen wie die Abfahrt auf der Saslong-Piste mit den berühmten Kamelbuckeln und der Riesenslalom von Alta Badia statt. Passend für den anspruchsvollen Härtetest für die Batterien und das Fahrzeugkonzept mit dem kurzen Radstand von 4,40 Metern.

Schon nach wenigen Kilometern wird klar, dass die Kletterpartie keine alltägliche wird. Auf den Straßen wimmelt es von Motorrad- und Fahrradfahren, die von Einheimischen, die jeden Zentimeter des Asphalts kennen, kompromisslos überholt werden. Wir konzentrieren uns auf den Leistungsmonitor und stellen fest, dass der Verbrauch bergauf teilweise bis zu 223,1 kWh/100 Kilometer beträgt. Gut das Zehnfache eines gewöhnlichen Elektroautos.

Die Kletterei stellt auch den Busfahrer vor neuen Herausforderungen. Da jede kleine Bewegung des Gaspedals sofort in einer Aktion resultiert, ist ein feinmotorischer rechter Fuß gefragt, sollen die Passagiere nicht ständig unfreiwillig nicken. „Wir haben die Kennlinie des Gaspedals so eingestellt wie bei einem Diesel-Bus“, erklärt Produktexperte Stephan Rudnitzky. Wir freuen uns, dass die Fahrt sehr geschmeidig vonstattengeht. Ganz ohne ist der Lion’s City 10 E nicht. Aufgrund des kurzen Radstandes ist der hintere Überhang sehr lang und man muss beim Rangieren aufpassen.

Der Vorteil dieses Konzepts zeigt sich in den engen Windungen des Asphaltbandes, das sich den berühmten Berg hoch windet. Der E-Bus schafft jede Kehre problemlos und man muss nicht ein Mal zurücksetzen. Auch der hohe Schwerpunkt stellt kein großes Problem dar. Sobald sich Fahrgäste im Bus befinden, gleichen die das Manko zu einem guten Teil wieder aus. Das zusätzliche Gewicht der Menschen spielt auch bei der Leistung keine Rolle. Die ist im Überfluss vorhanden und das System passt einfach die Power auf die neuen Parameter an.

MAN

Jetzt sind wir auf der höchsten Stelle der Tour, dem Rifugio „Passo Valparpla auf 2168 Metern angekommen. Der Verbrauch beläuft sich auf 176,1 kWh / 100 km und der Ladezustand der Batterie beträgt noch 54,8 Prozent. Zum Vergleich: Je nach Fahrer braucht ein Dieselbus auf dieser Strecke rund 35 l/100 km. Ab jetzt geht es fast nur noch bergab, Zeit für die zweite Königsdisziplin des Personentransporters – das Rekuperieren. Maximal schaufelt die Technik bis zu 240 kWh / 100 km in die Energiespeicher zurück – genau die Maximalleistung des Motors. Erfahrene Fahrer nutzen das und kommen auf dem Weg ins Tal fast ohne den Einsatz der klassischen analogen Bremse aus. Das klappt auch bei unserer Fahrt.

Auf dem Weg ins Tal fließen teilweise genau diese 240 Kilowatt zurück in die Batterie. Durch diese effektive „Motorbremse“ gehört auch das gefährliche Überhitzen des lebenswichtigen Bauteils Bremse der Vergangenheit an und aus einer Schwäche ist eine Stärke geworden. Wir kommen nach 165,6 km Kilometern am Ziel unserer Reise an, der Verbrauch hat sich auf 77,2 kWh / 100 km verringert. Das entspricht dem einer Dienstfahrt durch die Stadt. Die Batterie ist noch zu 47,6 Prozent gefüllt und die Rekuperationsrate beträgt 50 Prozent. Beachtlich.

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