Rivian EVD 500: Amazons Antwort auf den Klimawandel
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Rocco Bräuniger, Country Manager von Amazon.de und sein Team gaben uns vergangene Woche die Chance, noch vor der eigentlichen Markteinführung der Rivian Elektrotransporter in Deutschland einen Blick auf die neuen Lieferfahrzeuge zu werfen. Dabei durften wir die neuen Amazon Elektrotransporter, die in Zusammenarbeit mit Rivian entstanden sind, auch Probe fahren. Ferner haben wir uns mit Expert:innen vor Ort über Amazons Nachhaltigkeitsstrategie unterhalten und sind auch detailliert auf den Rivian EVD 500 eingegangen.
Rivian EVD 500: Ein Schritt zur Erreichung der Amazon Klimaziele
Neil Emery, Director Global Fleet and Products bei Amazon, stellte uns nahe München den neuen Rivian EVD 500 vor. Ein Elektro-Lieferwagen, der speziell für Amazon-Paketzusteller konzipiert wurde und einen wichtigen Meilenstein in Amazons Bemühungen um die Dekarbonisierung markiert. Nach dem Pariser Abkommen hat sich Amazon dazu verpflichtet, seinen CO₂-Fußabdruck bis 2040 auf Netto-Null umzustellen. Der EVD 500, der in Partnerschaft mit Rivian entwickelt wurde, spielt eine zentrale Rolle auf diesem Weg.
Emery betonte, dass das Fahrzeug „von Grund auf um die Paketzusteller herum“ konzipiert wurde. Das kundenorientierte Designprinzip von Amazon wurde auf den Paketzusteller als Kunden angewendet. „Wir haben das sehr im Sinn der Zusteller gebaut“, so Emery.
Das Design des Fahrzeugs wurde ebenfalls mit Bedacht gewählt. Da das Fahrzeug die meiste Zeit in Wohngebieten und Gemeinschaften verbringt, wollte Amazon ein Fahrzeug schaffen, das „so freundlich wie möglich aussieht“. Emery ist der Ansicht, dass das Design-Team eine hervorragende Arbeit geleistet hat, und wies besonders auf das Lächeln des Amazon-Logos in den Scheinwerfern hin. Fairerweise musste man hierfür vor Ort zweimal hinschauen. Aber unfreundlich schaut der Rivian EVD 500, die kleinere, europäische Variante des EVD 700, definitiv nicht aus.
Design und Leistung: Für Komfort und Produktivität optimiert
Der EVD 500 ist ein vollelektrisches Fahrzeug, das aus Batterien im Unterboden des Fahrzeugs mit Energie versorgt wird. Diese Batterien ermöglichen dem Fahrzeug in unbeladenem Zustand eine Reichweite von etwa 260 Kilometern (WLTP-Zyklus). In der Realität seien unter Vollbeladung und sommerlichen Temperaturen um die 220 Kilometer drin. Im Winter könne es dann aber auch vorkommen, dass die Reichweite auf bis zu 160 Kilometer zusammenschrumpft. Amazon zufolge reicht das dennoch locker, um die täglichen Touren zu erledigen.
Am Abend und in der Nacht wird dann geladen, bevorzugt am 11 kW-AC-Lader, stets bis zu 100 Prozent der Akku-Kapazität und mit 100 Prozent Grünstrom. Amazon hat hierzu Tausende von Ladestationen an seinen Standorten in ganz Europa eingerichtet und will auch zukünftig in den Aufbau von Infrastruktur investieren, um eine nachhaltigere Lieferflotte zu aufzubauen.
In Bezug auf Sicherheit und Ergonomie hat Amazon mehrere Maßnahmen ergriffen, um die Fahrer:innen zu schützen und ihren Arbeitsalltag zu erleichtern. Eine davon ist die verstärkte Fahrertür, die zusätzlichen Schutz bei seitlichen Aufprallkollisionen bietet. Zudem wurde besonderes Augenmerk auf den Komfort und die Benutzerfreundlichkeit des Fahrzeugs gelegt. Der Ein- und Ausstieg in das Fahrzeug ist dank Haltegriffen an drei Einstiegspunkten und rutschfesten Oberflächen auf den Stufen besonders einfach gestaltet. Dies war ein wichtiger Aspekt, da Paketzusteller häufig ein- und aussteigen müssen.
Neil Emery, Director Global Fleet and Products bei Amazon im Rivian EVD 500
Grundsätzlich sei alles auf den oder die Fahrer:in ausgerichtet. Also verfolgt man hier vor allem eine hohe Ergonomie, um den Alltag so angenehm wie möglich zu gestalten. Der Innenraum des Fahrzeugs ist geräumig und bietet viel Kopffreiheit, so dass sich Fahrer:innen im gesamten Kabinenraum bewegen können, ohne sich bücken zu müssen. Dies wurde laut Emery aufgrund von häufigem Feedback von Zusteller:innen umgesetzt. Die Kabine selbst ist mit einem beheizbaren und belüfteten Sitz und einem beheizbaren Lenkrad ausgestattet, um Fahrer:innen unabhängig von der Jahreszeit Komfort zu bieten. Zudem ist dies wesentlich effizienter als eine Klimaanlage für das gesamte Fahrzeug, welches bei offener Tür entsprechend schnell Hitze oder Kälte aufnimmt.
Sicherheits- und Nutzungsmerkmale: Mit dem Blick auf den Zusteller
Ein weiteres Merkmal des EVD 500 ist das große, Tablet-artige Steuergerät. Es bietet Navigationsfunktionen und eine vollständig integrierte Zustell-App, die Fahrer:innen hilft, ihre Aufgaben effizient und komfortabel zu erfüllen. Mit dieser App können Zusteller:innen bei jedem Halt sehen, welche Pakete sie liefern müssen. Sie bekommen die optimale Route vorgeschlagen, können aber auch selbst steuern, wie sie weiter vorgehen möchten. Dabei achtet Amazon darauf, dass beispielsweise Straßenüberquerungen vermieden werden, um eine potenzielle Unfallgefahr zu minimieren.
Das fest verbaute Tablet ist ein Novum und ermöglicht es, dass Fahrer:innen nach dem Verbinden – per Scan eines QR-Codes zu Fahrtbeginn – ganz simpel mit den eigenen Aufgaben interagieren können. Die bisherigen Lösungen mit Smartphone-Halterung, kleinem Bildschirm und teils unpassender Positionierung entfallen. Auch zeigt der Bildschirm die relevanten Informationen an wie Restreichweite in Kilometer sowie einem Akku-Symbol, wie man es vom Smartphone kennt. Weitere, tiefergehende Einstellungen lassen sich allerdings nicht vornehmen.
Gleiches gilt ebenfalls für unterschiedliche Drive-Modi oder die Rekuperationsstufe. Hier erlaubt das Gefährt aus der Kooperation von Rivian und Amazon keinen Eingriff. Gefahren wird im normalen Modus und abgeriegelt bei um die 120 km/h. Der One-Pedal-Mode ermöglicht es, das Fahrzeug bis auf null km/h zu verzögern, ohne, dass die Bremse an sich bedient werden muss. Herangeführt werden die Fahrer:innen an die neue Art des (elektrischen) Fahrens in entsprechenden Schulungen sowie geführten Trainings. Notbrems-Assistent, automatische Distanzregelung und Aufprallwarnungen vervollständigen die durchdachte Ausrichtung auf Fahrer:in im Inneren des Fahrzeugs.
Steigen wir mal aus: Betrachtet man das E-Fahrzeug von der Seite, zeigt sich im Vergleich zu anderen E-Transportern die fehlende Schiebetür. Dies ermöglicht es, mehr Platz für Pakete zu schaffen. Fahrer:innen nutzen bei Zustell-Stopps die große Ein- und Ausstiegstür des Rivian EVD 500 auf der rechten, in der Regel also dem Gehweg zugewandten Fahrzeugseite. Die dort angebrachten Griffe sind so konzipiert, dass sie auch mit einem Paket in der Hand leicht zu händeln sind.
Am Heck des EVD 500 gibt es weitere bemerkenswerte Merkmale. Eine davon ist die großzügige Verwendung von energieeffizienten LEDs, um die Sichtbarkeit des Fahrzeugs für andere Verkehrsteilnehmer zu erhöhen. Die Ladefläche des Fahrzeugs ist komplett beleuchtet und bietet ein leicht verstellbares Regalsystem, das auf die Verpackungen von Amazon abgestimmt ist. Die Heckklappe an sich kann über einen einfachen Taster rechts am Heck geöffnet und dann mit gerade einmal zwei Fingern nach oben geschoben werden. Effizient und vor allem Rückenschonend für Fahrer:innen.
Ein weiteres Merkmal, welches von Emery gezeigt wurde, ist das automatische Schließ- und Öffnungssystem für alle Türen. Wenn der Fahrer sich vom Fahrzeug entfernt, werden die Türen automatisch verriegelt und beim Annähern wieder geöffnet. Am Schlüssel selbst sieht man, dass dieser einfach gedacht wurde und an der Kleidung festgeclipt werden kann. Was das Suchen und Finden im Alltag vereinfacht. Kennt ein jeder von uns vom Pkw-Schlüssel. Oder!?
Amazon hat im vergangenen Sommer in den USA bereits damit begonnen, Elektro-Vans von Rivian einzuführen. Mehr als 3000 Fahrzeuge sind bislang im Einsatz, die mehr als 500 amerikanische Städte und Regionen beliefern. Amazon hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 weltweit 100.000 elektrische Lieferfahrzeuge von Rivian auf die Straßen zu bringen – und damit jährlich Millionen von Tonnen CO₂ einzusparen. Einige Tausend davon in der hier gezeigten EVD 500-Variante.
Amazon & Rivian: Zusammenarbeit ohne Kompromisse?
Erica Tsypin, Director of Fleet Solutions & Strategic Programs bei Rivian, betonte die gemeinsame Vision von Rivian und Amazon, die auf die Elektrifizierung des Transports abzielt. Tsypin erklärte: „Bei Rivian würde ich sagen, ist die große Vision, dass wir den Transport elektrifizieren wollen. Es liegt eine enorme Chance in der Elektrifizierung des Verkehrs für den Fortschritt der Dekarbonisierung.“ Diese Vision wurde von der Führungsriege von Amazon erkannt und geschätzt, was zur Partnerschaft zwischen den beiden Unternehmen führte. Ihrer Einschätzung nach fiel die Wahl auf Rivian, weil das Unternehmen Fahrzeuge wie den Rivan EVD 500 von Grund auf neu entwickeln konnte.
Tsypin betonte auch, dass die Transportindustrie mit so vielen verschiedenen Arten von Fahrzeugen und Anwendungsfällen riesig ist und der Flottenbereich noch größer. Dies erfordere einen umfassenden Ansatz, um entsprechend überzeugende Fahrzeuge auf die Straße zu bringen. Was die Zusammenarbeit und Entscheidungsfindung in Hinblick auf das finale E-Fahrzeug zwischen Amazon und Rivian angeht, so ist laut Tsypin Rivian letztendlich der Hersteller des Fahrzeugs. Zwar schätzt Rivian das Feedback von Amazon aufrichtig und hält es für sehr wertvoll, aber letztlich treffe man die letzte Entscheidung, was in Fertigung geht und was nicht.
Auf die Frage, ob die Transporter auch in Europa produziert werden, oder ob dies für die Zukunft geplant ist, antwortete Tsypin, dass noch keine Entscheidungen in Bezug auf eine europäische Fertigung getroffen wurden. Es ist jedoch zu beachten, dass Amazon 100.000 dieser Transporter bestellt hat und ein beträchtlicher Teil davon nach Europa kommen wird. Ein Bedarf bestünde also durchaus. Eine Kopplung der Fertigung mit den Produktionsstraßen des E-SUV Rivian R1S und dem Pick-up R1T sei allerdings nicht vorstellbar, da die technische Basis sich komplett unterscheide.
Verstaut werden die Pakete unter anderem im Heck des Rivian EVD 500
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