Ein paar Monate ist es her, dass der Genesis GV60 bei uns zu Gast war. Seitdem haben weitere Elektroautos bei uns vorbeigeschaut und dennoch habe ich mich vor allem über den Genesis Electrified GV70 Sport gefreut, der sich im Juli für zwei Wochen die Ehre gab. Daher haben wir uns entsprechend die Zeit genommen, um dem Mittelklasse-SUV auf den Zahn zu fühlen.
In seinem Atacama Copper-Farbton kam er eine Spur zurückhaltender als der GV60 daher. Wusste aber natürlich dennoch aufzufallen. Es lässt sich wohl nicht abstreiten, wenn du bereits einen Blick auf die Fotos riskiert hast. Oder? Der SUV mit einer Systemleistung 360 kW (490 PS) wusste aber glücklicherweise nicht nur durch den Farbton aufzufallen. Dazu gleich mehr.
Direkt klar stellen möchte ich zu Beginn des Test- und Erfahrungsberichtes des Electrified GV70, dass es sich um eine elektrifizierte Variante des, bis auf die Ergänzung „Electrified“, Verbrenners aus dem Hause Genesis handelt. Im Fall des Elektro-SUV wird die Verbrenner-Herkunft allerdings nicht zum Nachteil. Im Gegenteil, dafür, dass das E-Auto auf einer Verbrenner-Plattform aufbaut, hat er sich ganz gut geschlagen.
Ansonsten noch ein wenig mehr zur Nomenklatur. Die Marke erklärt die Bezeichnung des Fahrzeugs wie folgt: „Das ‚G‘ in GV60 steht für Genesis, während das ‚V‘ für Vielseitigkeit steht. Die Zahl „70“ steht für die Position in der Genesis Modellreihe.“ Neben dem SUV hat Genesis mit dem Electrified GV80 noch eine E-Limousine, ebenfalls auf Verbrenner-Basis, am Start. Über diese hatten wir ebenfalls schon berichtet.
Die Verbrenner-Riege dürfte allerdings in großen Schritten auf ihr Aus hinzufahren. Ab 2025 will die Marke nur noch rein elektrische Fahrzeuge neu auf den Markt bringen und ab 2030 alle angebotenen Modelle auf Elektro umgestellt haben. Das sind doch schöne Aussichten.
Das Erscheinungsbild des Electrified GV70 braucht sich ebenfalls nicht zu verstecken. Der SUV mit staatlichen Maßen von 4715 mm Länge, 1910 mm Breite und einer Höhe von 1630 mm kommt nicht gerade zurückhaltend daher. Auch, wenn er hinsichtlich seiner Außenmaße mit dem BMW iX3 zu vergleichen ist, der länger bei uns zu Gast war, legt er leistungstechnisch eine Schippe drauf. Ebenso in puncto Ladegeschwindigkeit.
Bis zu 235 km/h schnell fährt der E-SUV über die Autobahn. Angetrieben durch jeweils einen Front- und Heckantrieb mit 180 kW/ 245 PS Leistung. Was in Summe zu einer Systemleistung von 320 kW/436 PS führt. Dank der Boost-Taste, mittig am unteren Rand des Lenkrads vorzufinden, sind in Spitze aber gar 360 kW/490 PS und ein Drehmoment von 700 Newtonmetern drin. Da sag noch einmal einer, man bekommt 2310 Kilogramm nicht vom Fleck.
Denn das geht in der Tat, mit Boost-Modus auch ein wenig schneller. Ansonsten reicht es aber auch aus, dass der Elektro-SUV bis zu 455 km (WLTP kombiniert) weit kommt. Gespeist aus einem 77,4 kWh-Lithium-Ionen-Akku, welches mit einer Betriebsspannung von 690 daherkommt – eingeordnet als 800 Volt-System – und sich damit über gängigen 400 Volt-Systemen bewegt. Wird sich später auch bei den Ladezeiten des Stromers zeigen.
Auf die Fahreindrücke und den Energieverbrauch des Elektro-SUV von Genesis gehen wir nachfolgend noch ein. Zunächst ein paar weitere Fakten, zum ersten Eindruck des Electrified GV70. Die Farbe wurde hierbei bereits thematisiert. Es gefällt mir aber ganz gut, da sie das edle Erscheinungsbild des E-Autos unterstreicht. Im Gespräch mit Mitmenschen kamen Vergleiche zu BMW und Mercedes-Modellen auf. Die man zumindest teilweise nachvollziehen kann. Und vor allem auf die hochwertige Verarbeitung, innen wie außen, gemünzt wurden.
Man muss dazu anmerken, dass unser Testwagen mit reichhaltig Sonderausstattung versehen war. Was man so natürlich auch beim optischen Gesamteindruck des Fahrzeugs im Hinterkopf haben sollte. Technik- und Komfortpaket waren dabei ebenso am Start wie das Sitzpaket Komfort in der ersten und zweiten Reihe. Diese kamen aus Nappaleder daher, hätte hier ruhig auch eine nachhaltigere Variante sein dürfen. Das Panorama-Glasdach hingegen war jedoch gerne gesehen.
Ebenfalls war ein Vehicle-to-Load-Paket integriert im Testwagen. Konnte man nicht sehen, aber hat ermöglicht, das E-Auto nicht nur zu laden, sondern diesem auch Strom zu entnehmen. Dazu in einem der späteren Abschnitte mehr. Hörbar war das Lexicon-Audiosystem und das Fingerabdrucksystem konnte seinerseits genutzt werden, um das Fahrzeug auch ohne Schlüssel zu starten. Praktisch. Die 20-Zoll-Leichtmetallfelgen sowie die Interieurleisten aus Aluminium hatten dann schon mehr optische Beweggründe.
Kurz zum Komfort-Sitzpaket, diesen bekommt man in der Tat. Allerdings eher in der ersten, als in der zweiten Reihe. Je nachdem, wie groß man eben ist. Wobei Größe zumindest bei den beiden äußeren Plätzen kein Thema ist, hier hätte ich hinter mir selbst sitzend noch genügend Platz gehabt. Lediglich der mittlere Sitz hat vom Sitzgefühl nicht zum längeren sitzen eingeladen.
Der Kofferraum fällt mit 503 statt 542 Litern kleiner aus, als in der Verbrenner-Variante, da im Elektro-SUV der Platz unter dem doppelten Ladeboden zugunsten des Akkus verwendet wurde. Hierfür gibt’s im Frunk aber 25 Liter Stauraum on top. Für Ladekabel und Co. nicht so verkehrt. Mit umgeklappten Rücksitzen sind dann aber auch 1678 Liter Laderaumvolumen zu erreichen. Das besondere, durch die Sitzlehnen, welche sich in der Neigung verstellen lassen, ergibt sich nach dem Umklappen eine ebene Ladefläche.
Mit den Angaben von Genesis hat sich der ADAC nicht so recht einverstanden gezeigt und selbst gemessen: „Laut ADAC Messung passen nur 380 Liter unter die Abdeckung. Nutzt man den Stauraum bis zum Dach hoch, erweitert sich das Volumen auf 565 Liter oder alternativ bis zu zehn Getränkekisten. Unter Ausnutzung des kompletten Stauraums hinter den Vordersitzen sind bis zu 1385 Liter Volumen verfügbar“, der Frunk würde es ebenfalls nur auf 15 Liter bringen. Unabhängig der absoluten Werte war der Stauraum im Alltag mehr als ausreichend.
Die Zuladung des E-Fahrzeugs wird mit bis zu 535 Kilogramm angegeben. Hiervon können bis zu 100 Kilo auf dem Dach transportiert werden. Bei der maximalen Anhängelast gibt Genesis 1800 kg gebremst sowie 750 kg ungebremst an. Die Stützlast darf bis zu 180 Kilo betragen. Ausreichend für Fahrradträger inklusive E-Bikes mehr als ausreichend. Aber dran denken, dies geht zu Lasten der Reichweite.
Das äußere Erscheinungsbild des Genesis Electrified GV70 haben wir nun zur Genüge auf uns wirken lassen. Steigen wir ein und fahren los. Oder lassen eben auch hier zunächst den Blick durch den Innenraum schweifen.
Dabei fallen zwei Dinge sofort auf, die digitalen Bildschirme des Genesis GV60 fehlen. Wie wir uns erinnern, kam dieser mit digitalen Außenspiegeln daher. Etwas, was man beim Electrified GV70 definitiv nicht vermisst. Zumindest, wenn es nach mir geht. Dafür ist es aber vor allem der aufgeräumte, übersichtliche Innenraum, der hochwertig verarbeitet überzeugt. Für mich mit genau der richtigen Mischung aus Touch-Elementen in Verbindung mit Knöpfen und Schalter.
Einfach zugänglich lassen sich die einzelnen Menüpunkte und Einstellmöglichkeiten erreichen. Ferner lässt sich der E-SUV auch per Sprachsteuerung steuern. Zumindest kann man es versuchen. Insbesondere bei der Zielführung hat das leider nicht immer so gefruchtet. Und das nicht einmal mit besonders ausgefallenen Destinationen.
Ein Punkt, der sich aber sicherlich per Update nachträglich anpassen lässt. In puncto Stauraum gibt es glücklicherweise kein Nachholbedarf, hier findet sich genügend in und unterhalb der Mittelkonsole. Dort ist auch die kontaktlose Ladestation für das eigene Smartphone untergebracht. Sicher untergebracht und dennoch in Griffweite.
Besonders positiv fällt die separate Klimabedieneinheit des Stromers auf. Weitere Fahrzeugeinstellungen können größtenteils über den breiten 14,5-Zoll-Monitor vorgenommen werden, die Menüs sind wegen der vielen Individualisierungs-Möglichkeiten recht umfangreich, können aber nach kurzer Eingewöhnung zielsicher verwendet werden. Im vorderen Bereich der Mittelkonsole lassen sich die Fahrmodi des E-Autos auswählen.
Wer mag, kann passend zum Sportmodus dann noch Fahrgeräusche wie bei einem Verbrennungsmotor via Lautsprecher einspielen. Warum man das allerdings tun sollte, das bleibt fraglich. Aber eventuell vermisst man das Geräusch.
Ist bei uns nicht der Fall. Hier reicht die Beschleunigung, welche selbst den ein oder anderen Verbrenner-Sportwagen hinter sich zurücklässt. In 4,8 Sekunden geht es hierbei von 0 auf 100 km/h, mit dem Boost-Modus gar in 4,2 Sekunden. Den Zwischensprint von 80 auf 120 km/h erledigt der Stromer in 2,8 Sekunden, respektive 2,5 Sekunden im Boost-Modus. Aber aufpassen, die Höchstgeschwindigkeit von 235 km/h wird zumindest gefühlt recht schnell erreicht.
Für einen guten Federungskomfort sorgt die spezielle elektronische Fahrwerksregelung ECS, die die Straßenbeschaffenheit im Voraus scannt und sich darauf einstellt. Schlaglöcher, Fahrbahnschwellen und Co. werden vorab erkannt und das Fahrwerk versteht es sich im Voraus darauf einzustellen. Nicht benötigt, aber vorhanden ist, ist der sogenannte E-Terrain-Modus. Hierdurch lässt sich das E-Auto in Fahrmodi schalten, welche speziell bei anspruchsvollen Bedingungen wie Regen, Schnee und unbefestigten Straßen für die notwendige Sicherheit sorgen.
Assistenz- und Unterstützungssysteme wie Spurhalte-, Autobahn- und Fernlichtassistenz sind ebenso serienmäßig am Start wie eine adaptive Geschwindigkeitsreglung. Letztere wurde insbesondere auf längeren Autobahnstrecken von mir genutzt und dort für gut befunden. Schauen wir mal, wie es sich mit dem dortigen Energieverbrauch verhält.
In den vorherigen Abschnitten bin ich nun schon auf einige Aspekte des vollelektrischen Fahrens mit Genesis Electrified GV70 Sport eingegangen. Was man anmerken kann, schon zu diesem Zeitpunkt, ist, dass er durchaus zu überzeugen weiß. Jetzt gilt es, dass wir das Thema Laden noch ein wenig genauer unter die Lupe nehmen. Zunächst die Fakten meines Testfahrzeugs.
Für zwei Wochen war ich im Electrified GV70 Sport von Genesis unterwegs, in der speziellen Farbe Atacama Copper. Normalerweise fahre ich mit Testfahrzeugen eine Strecke von etwa 350 bis 500 Kilometer. Bei diesem E-SUV lief es allerdings etwas anders. Dieses Fahrzeug war zur richtigen Zeit verfügbar und es standen längere Touren auf dem Programm. Unter anderem Richtung München. Gefühlt die zweite Heimat, wenn es darum geht, Events und Firmen zu besuchen. Am Ende führte dies dazu, dass der digitale Tachometer eine zurückgelegte Strecke von 1213,8 Kilometer anzeigte, bei einem Energieverbrauch von 21,0 kWh pro 100 Kilometer.
Was durchaus erahnen lässt, dass der Stromer vor allem auf Autobahn und Schnellstraßen die meisten seiner Kilometer zurückgelegt hat. Insofern war der Mehrverbrauch gegenüber den WLTP-Werten für mich hinnehmbar. Auch aus dem Grund, da ich den Genesis Electrified GV70 Sport in der Stadt auch unter der 19,2 kWh/ 100 km-Grenze fahren konnte. In der Tat waren Werte von 16,2- 17,2 kWh/ 100 km möglich. Geladen werden muss dennoch. Denn irgendwann geht selbst der größte Akku leer.
Sollten dich die bisherigen Eindrücke des Stromers von Genesis überzeugt haben, dann ist es nun wohl an der Zeit einen Blick auf die Preise zu werfen. Auch ob die Förderung durch den Umweltbonus für das Elektroauto von Mercedes eine Option ist, will ich nicht unbeachtet lassen.
Konkret wird der Kauf von reinen Elektroautos (batterie- oder brennstoffzellenbetrieben) seit Januar 2023, je nach Kaufpreis, mit 3.000 bis 4.500 Euro bezuschusst, so das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Ab dem 1.9.2023 werde der Kreis der Antragsberechtigten zudem auf Privatpersonen begrenzt. Für E-Autos über 45.000 Euro Nettolistenpreis entfällt der Umweltbonus ab dem 1. Januar 2024 vollständig. Die Förderung für Plug-in-Hybride lief Ende 2022 aus.
Hierbei handelt es sich um die Brutto-Listenpreise des Electrified GV70 Sport – Stand Juli 2023. Genauere Aussagen lassen sich zu unserem Testwagen treffen. Dieser kommt in Vollausstattung daher, was dazu führt, dass am Ende ein Betrag von 86.120,00 Euro auf der Rechnung steht. Hiervon entfallen 990,00 Euro auf Überführungs-, 190,00 Euro auf Zulassungskosten sowie die Differenz (84.940,00 Euro) auf das Fahrzeug selbst. Da der Grundpreis deutlich über der Grenze für den Umweltbonus liegt, kann dieser nicht beantragt werden.
Spannend, dass der Stromer auf einer Verbrenner-Plattform aufbaut. Damit noch viele seiner Marktbegleiter in puncto Gesamtpaket überholt. Dann aber bei der Ausstattung hinnehmen muss. Nicht, weil etwas fehlt. Sondern eher, weil es nur eine Ausstattungsvariante gibt. Zuzüglich entsprechender Sonderausstattung. Hier hätte man durchaus einen Unterschied machen können. Wenn man gewollt hätte. Aber so ist das mit Premium.
Das bekommt man auch Premium. In der Verarbeitung und dem Gesamtauftreten des Genesis Electrified GV70 Sport. Ein Elektro-SUV der auf ganzer Linie überzeugt hat. Elegant, sportlich, ausreichend Stauraum gepaart mit genau der richtigen Mischung aus Touch- und Knopfelementen. Sowie der Tatsache, dass er trotz seiner über 2,3 Tonnen sportlicher als mancher Verbrenner-Sportwagen vom Fleck kommt.
Nachbessern ließe sich wohl nur an der Software und Sprachsteuerung. Ersterer ist ein wenig zu verschachtelt, zu undurchsichtig und nicht leicht zu greifen. Zweiteres versteht einen nicht unbedingt. Egal, wie deutlich man spricht. Aber das bekommt man sicher durch entsprechende Updates hin. Oder, Genesis?