Euro 7 kommt deutlich später und stark abgeschwächt
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Vor wenigen Tagen hat das Europäische Parlament seine Verhandlungsposition zur Überarbeitung der EU-Vorschriften für die Typgenehmigung und Marktüberwachung von Kraftfahrzeugen (Euro 7) mit 329 gegen 230 Stimmen bei 41 Enthaltungen angenommen. Mit der neuen Verordnung werden die derzeitigen Grenzwerte für Abgasemissionen (wie Stickoxide, Feinstaub, Kohlenmonoxid und Ammoniak) neu sortiert.
Den Autoherstellern werden nun längere Fristen zur Anpassung an die neuen Emissionswerte für Verbrennerfahrzeuge gewährt. Eigentlich sollte die Euro-7-Norm für Fahrzeuge gelten, die ab 2025 neu zugelassen werden. Der nun gebilligte Gesetzentwurf sieht jedoch längere Umsetzungsfristen und teils weniger ambitionierte Abgaswerte vor, als von der EU-Kommission eingebracht. Damit tritt die Abgasnorm Euro 7 für Pkw erst im Juli 2030 beziehungsweise für Lkw 2031 in Kraft – anstatt wie ursprünglich vorgesehen bereits 2025 und 2027.
Die Abgeordneten schlagen eine zusätzliche Unterteilung der Emissionen in drei Kategorien für leichte Nutzfahrzeuge auf der Grundlage ihres Gewichts vor. Sie schlagen auch strengere Grenzwerte für Abgasemissionen vor, die im Labor und unter realen Fahrbedingungen für Busse und schwere Nutzfahrzeuge gemessen werden. Das Parlament möchte auch die Berechnungsmethoden und Grenzwerte der EU für Bremspartikelemissionen und Reifenabriebraten an internationale Standards angleichen, die derzeit von der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa entwickelt werden. Als Nächstes beraten die EU-Mitgliedsstaaten und das Europaparlament gemeinsam über den abschließenden Gesetzestext.
„Es ist uns gelungen, ein Gleichgewicht zwischen Umweltzielen und den vitalen Interessen der Hersteller herzustellen. Es wäre kontraproduktiv, eine Umweltpolitik zu betreiben, die sowohl der europäischen Industrie als auch den Bürgern schadet“, sagt Berichterstatter Alexandr Vondra (EKR, Tschechien. Der Kompromiss diene „den Interessen aller Beteiligten“ und halte sich „von extremen Positionen fern“.
Der Abstimmung vorangegangen waren monatelange, teils hitzige Diskussionen. Und es galt wie so oft: Den einen waren die neuen Grenzwerte nicht scharf genug, den anderen viel zu hoch. Immerhin nicht berücksichtigt in der nun verabschiedeten Verordnung werden die von der FDP geforderten Synthetikkraftstoffe, sogenannte E-Fuels.
„Das ist ambitionslos, wir liegen damit unter dem aktuellen Stand der Technik“
Der europäische Autoherstellerverband Acea begrüßte den „realistischeren Ansatz“ des EU-Parlaments, wies aber auf das weiterhin bestehende „heftige Preisschild“ für die Industrie hin. Heftige Kritik kam unter anderem von Umweltverbänden sowie den Grünen. Der Grünen-Europaabgeordnete Michael Bloss sagte, die neue Verordnung lese sich wie „ein Lobbypapier“ der Autoindustrie. Womit er nicht ganz unrecht zu haben scheint: Recherchen des Spiegel ergaben, dass Passagen einer Lobbymail beinahe wörtlich in einem Änderungsantrag zum nun abgesegneten Vorschlag zu finden seien.
Umweltschützer kritisieren, dass die Feinstaub- und Stickstoffgrenzwerte zu hoch angesetzt seien und sagen, dass die neue Norm kaum Verbesserungen bedeute gegenüber der bisher geltenden Euro-6-Norm. Der Vorschlag der Mitgliedstaaten für Euro 7 sei nun „quasi wieder auf dem Stand der Euro 6“, so der für die Bundesregierung teilnehmende Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Sven Giegold. „Das ist ambitionslos, wir liegen damit unter dem aktuellen Stand der Technik“, erklärte Giegold. Der Verkehrsverband Transport & Environment stört sich vor allem am zeitlichen Aufschub und dass die neuen Regeln nun vier bzw. fünf Jahre später als eigentlich vorgesehen gelten sollen.
Gesundheit und Umwelt tragen den Schaden
Über die drastischen Auswirkungen des aufgeweichten Kompromisses klärt ein Bericht im Spiegel auf. Das Consortium for ultra Low Vehicle Emissions (CLOVE) untersuchte für das Nachrichtenmagazin sowie das Portal Voxeurop die Auswirkungen der abgeschwächten Abgasnorm und die Gnadenfrist für schmutzige Verbrenner.
Das Resultat der Untersuchung ist ernüchternd: Während die Autobranche viel Geld für Entwicklung und Produktion sauberer Technologien einspart, ziehen die Schäden bezüglich Gesundheit und Umwelt für die Bevölkerung Europas allein im Zeitraum zwischen 2025 und 2050 einen Schaden von etwa 100 Milliarden Euro nach sich.
Diese Rechnung basiert auf einem Vergleich mit dem ursprünglich verfassten Entwurf, wonach Neufahrzeuge ab 2025 nur noch 20 statt 60 Milligramm Stickoxide pro Kilometer hätten ausstoßen dürfen.
Quelle: Europäisches Parlament – Pressemitteilung vom 09.11.2023 // Zeit Online – EU-Parlament stimmt für abgeschwächte Variante von neuer Abgasnorm // Frankfurter Rundschau – Abgasnorm Euro 7 nur noch ein „Schatten“ // Spiegel – Dieser Erfolg der Autolobby könnte Europa 100 Milliarden Euro kosten
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