Chinesische Batterien: Mehr als der Weltmarktbedarf
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Chinesische Unternehmen bauen ihre Produktionskapazitäten für die Elektromobilität stark aus. Das gilt neben den Fahrzeugen auch für Batterien, deren globaler Markt bis 2030 voraussichtlich um mehr als 30 Prozent wachsen wird. Knapp 80 Prozent dieser produzierten Lithium-Ionen-Akkus, die beispielsweise auch für Energiespeichersysteme genutzt werden können, werden voraussichtlich in den nächsten Jahren für Elektroautos eingesetzt, so eine Studie von Roland Berger und der RWTH Aachen.
Außerdem baut China der Studie zufolge derzeit Überkapazitäten in der Batterieproduktion auf, was Folgen für den europäischen und globalen Markt haben würde. In einem Interview mit dem Manager Magazin hat Wolfgang Bernhart, Berater bei Roland Berger, diese Situation beleuchtet.
Ob mit CATL und BYD in China, LG, SK On sowie Samsung SDI aus Südkorea oder Panasonic aus Japan: Viele der großen Hersteller für Batterien kommen aus Asien bzw. haben dort ihren Hauptsitz. Dabei gibt es jedoch von Land zu Land unterschiedliche Produktions- und Marktbedingungen, beispielsweise durch Subventionen. Diese können es anderen Herstellern auf dem Markt erschweren, gleichermaßen erfolgreich und großangelegt zu produzieren. Welche Konsequenzen hat das also für Politik und Industrie, vor allem in Europa?
Überkapazitäten in China
Nach derzeitigem Stand, so Bernhart, könnten mit 4000 Gigawattstunden (GWh) 60 bis 70 Millionen Elektroautos ausgestattet werden, was bereits mehr sei, als der derzeitige Weltmarktbedarf. China geht jedoch noch weiter: Bis 2030 seien dort Kapazitäten von bis zu 6000 GWh geplant, was den Bedarf des chinesischen Marktes weit übersteigen dürfte, so Bernhart.
Interessant ist dabei, dass der zusätzliche Absatz von Batterien schließlich vor allem den europäischen Markt erreichen dürfte:
„Die Zellhersteller [mit überschüssigen Batterien] würden sich andere Märkte suchen. Und dieser Exportdruck könnte sein Ventil nur in Europa finden. Die USA kommen aufgrund politischer Barrieren wie hoher Zölle nicht infrage.“ – Wolfgang Bernhart, Berater bei Roland Berger
Europäische Unternehmen in der Batteriebranche werden daraufhin in einen Preis- und Qualitätswettbewerb treten und bei niedrigeren Kosten zu besserer Qualität produzieren müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben gegen die asiatischen Marktführer.
Welche Chancen hat Europa?
Diese Prognose klingt erst einmal ernüchternd für den europäischen Batteriemarkt und lokale Unternehmen. Haben europäische Länder überhaupt eine Möglichkeit, unabhängig von chinesischen Herstellern sowie Zulieferern zu sein und zu einem ausreichend niedrigen Preis zu produzieren?
Bernhart zufolge ist das möglich:
„Wenn man alle Kosten einbezieht, also auch Transport und Zölle, kann das funktionieren. Das gilt auch für die Projekte der großen Autohersteller. Deswegen produzieren die großen koreanischen Zellhersteller wie LG ES und Samsung längst in Europa, und deshalb bauen jetzt auch chinesische Player hier Kapazitäten auf.“ – Wolfgang Bernhart
Ob staatliche Subventionen in China den freien Markt und die Wettbewerbssituation innerhalb der Europäischen Union untergraben, untersucht derzeit die EU-Kommission. Dabei erwartet Bernhart vor allem eine Anpassung von Zöllen sowie Auswirkungen auf den Fahrzeugmarkt. In China liege der Importzoll derzeit bei 15 Prozent, in Europa für Fahrzeuge aus China bei nur 10 Prozent.
Seit dem Untersuchungsbeginn der EU hat China jedoch eine Beschränkung des Exports von Grafit veranlasst, was eine entscheidende Rolle bei der Produktion von Lithium-Ionen-Batterien einnimmt. Damit, so Bernhart, sage die Regierung möglicherweise: „Wenn ihr uns Druck macht, können wir das auch.“
Rohstoff und Marktstabilität
Nicht nur Graphit ist ein zentraler Bestandteil von Akkus, sondern auch Lithium. Während dieses Material früher ein eher seltener Rohstoff war, hat sich die Verfügbarkeit etwas verbessert. Es seien, so Bernhart, viele große Abbauprojekte gestartet worden, sodass das Lithium auch in Zukunft ausreichen dürfte.
Engpässe bei Rohstoffen können jedoch schnell zu schwankenden Preisen auf dem Markt führen. Außerdem ist die Versorgungssicherheit mit Batteriezellen für Elektroautos in Nordamerika und Europa nach wie vor mittelfristig nicht garantiert, weder vonseiten des ambitionierten, chinesischen Marktes noch durch europäische Batterieproduzenten:
„Erstens gibt es die angekündigten Werke noch nicht. Und zweitens liefern zwar die großen chinesischen Anbieter hohe Qualität. Aber wir wissen noch nicht, ob sich die Autohersteller auf die Newcomer aus China verlassen können.“ – Wolfgang Bernhart
Auch die europäischen Newcomer wie Northvolt, ACC oder Volkswagens Powerco seien bisher noch nicht in der Lage, größere Mengen zu liefern. Derzeit gebe es jedoch, so Bernhart, aufgrund der Nachfrageschwäche von Elektroautos noch keine Engpässe bei Batterielieferungen und es habe daher sogar Entlassungen in Produktionsstätten der USA und Europa gegeben.
America first: US-Protektionismus
Im Rahmen des sogenannten Inflation Reduction Act (IRA) hat die US-amerikanische Regierung Maßnahmen ergriffen, um die nationale Batterieproduktion zu fördern, während die Produktion von Unternehmen aus dem Ausland nicht gefördert oder blockiert wird, wenn die Länder als politische Gegner der USA eingestuft werden.
Aufgrund dieses politischen Protektionismus‘ haben es chinesische Firmen schwer, sich in den USA niederzulassen und verlagern ihre Investitionen der Studie von Roland Berger und der RWTH zufolge auf andere Märkte, vor allem Europa.
„Der amerikanische Markt wird schwierig für chinesische Hersteller. Aktuell suchen sie nach Ansätzen, dort doch noch aktiv zu werden. Aber ob das langfristig geduldet wird, ist unsicher und hängt von den politischen Entwicklungen ab. Viele chinesische Zellhersteller wie CATL und Svolt kommen nach Europa, haben teilweise schon mit dem Bau von Werken begonnen. Auch Kathodenhersteller suchen nach Standorten in Europa oder Marokko. Von dort aus gibt es keine Einfuhrzölle nach Europa.“ – Wolfgang Bernhart
Nachhaltigkeit in der Herstellung
Ab Anfang 2024 sollen innerhalb der EU neue Regularien in Kraft treten, die alle in der EU verkauften Batterien betreffen. Diese seien, so Bernhart, bereits jetzt wirksam und gingen auch über die EU hinaus:
„Auch die asiatischen Zellhersteller achten viel stärker auf ihre CO₂-Emissionen – weil es die Kunden fordern, insbesondere in Westeuropa. Nachhaltigkeit ist neben den Kosten das wichtigste Kriterium bei der Auswahl von Vorlieferanten.“ – Wolfgang Bernhart
Quelle: Manager Magazin – „Wenn Ihr uns Druck macht, können wir das auch“
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