Lancia will zur Premiummarke werden – kann das klappen?
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Als ob der Stellantis Konzern nicht bereits genug Marken jongliert, wird Lancia wieder aufgelegt – eine Marke, die zumindest außerhalb von Italien wohl kaum jemand vermisste. Doch wieso nehmen die sonst so streichfreudigen Niederländer nicht einfach Abschied der einstigen Trendmarke?
In den vergangenen fünf Jahren hat der neu gegründete Stellantis Konzern seine Marken größtenteils völlig neu aufgestellt. Opel, Jeep, Peugeot oder Citroën sind kaum wiederzuerkennen – und zumeist stimmen auch die Zahlen. Während es dort harte Einschnitte gab, sieht das bei den italienischen Emblemen ganz anders aus. Hier wurde zwar geruckelt und gezupft, doch die großen Kürzungen und Umstrukturierungen gab es anders als bei Opel oder Citroën kaum. Alfa Romeo soll den nächsten Versuch unternehmen, als eine Premiummarke durchzustarten, die ernsthaft gegen die deutsche Konkurrenz bestehen kann.
Doch wie passt da Lancia ins Bild, eine Marke, die seit Jahr und Tag nur noch aus einem Fahrzeug bestand? Dem Lancia Ypsilon. Der war trotz betagter Technik mit mehr als 45.000 verkauften Fahrzeugen auch 2023 noch das drittmeistverkaufte Auto Italiens und führte sein Segment an. „2023 erreichte der Lancia Ypsilon den zweithöchsten Marktanteil im B-Segment in seiner Geschichte. Nach 39 Jahren mit mehr als drei Millionen verkauften Einheiten und 37 Sonderserien ist das Modell definitiv ein Bestseller“, so Luca Napolitano, CEO der Marke Lancia. Doch außerhalb von Italien ist Lancia kaum mehr als ein melodisch ansprechender Name, mit dem einige Autofans immerhin noch die kantige Kultkarre des Lancia Delta Integrale verbinden, der die internationale Rallyeszene einst das Fürchten lehrte. Doch die anderen Lancia-Modelle der vergangenen zwei Jahrzehnte – bestenfalls Nullnummern, für die sich kein Mensch ernsthaft interessierte.
Wieso kramt Stellantis diese international unbedeutende Retromarke wieder aus der eigenen Schublade heraus? Zunächst einmal sucht Konzern-CEO Carlos Tavares nach Erträgen und speziell in Europa überdecken sich Marken wie Citroën, Peugeot, Opel oder Fiat mit ihrem Modellportfolio in den unteren Segmenten beinahe vollständig. Klasse für Skalierung und Kosten, schlecht für die Marge, denn in den betont kleinen Fahrzeugklassen ist oftmals nicht viel Geld zu holen. Anders sieht es bei Jeep oder Alfa Romeo aus – noch ganz anders bei den exterritorialen Luxusablegern Maserati und Ferrari, die mit dem anderen Stellantis-Labeln nicht viel gemein haben.
Größere Autos mit höheren Margen und einer ernsthaften Chance, sich gegen die Premiumkonkurrenz aus Deutschland, USA, Schweden oder China in Szene zu setzen, sind mit Fiat und Peugeot kaum zu machen. Citroën und Opel dürfen nicht mehr derart in die oberen Segmente wachsen und DS bleibt ebenso wie Jeep auf vielen europäischen Märkten ein spitz positionierter Nebendarsteller.
Jetzt also Lancia und das keinesfalls aus einer Laune heraus. „Carlos Tavares hat mich 2019 zu sich gerufen und wir haben lange intensiv darüber gesprochen, was man alles aus Lancia machen könnte“, erinnert sich Lancia-CEO Luca Napolitano, „ich habe seinerzeit den Auftrag bekommen, die Marke neu zu entwickeln.“ Eine allzu große Überdeckung zwischen Alfa Romeo und Lancia sieht Napolitano dabei nicht: „Lancia steht für italienisches Design und Eleganz, nicht für Sportlichkeit wie Alfa Romeo.“
Das belegt durchaus das schicke Erstlingswerk des Lancia Ypsilon, der auf seinem Heimatmarkt Italien in diesem Frühsommer auf den Markt kommen soll. „Danach folgen Belgien und die Niederlande sowie Spanien und Frankreich“, erläutert der Lancia-CEO, „im kommenden Jahr ist dann Deutschland dran.“ Lancia soll elektrisch werden – ist es dann jedoch nicht ganz – zumindest nicht beim neuen Ypsilon, der ebenfalls mit einem Verbrenner nebst Hybridtechnik zu bekommen ist. „Mit einer reinen Elektroversion würden wir 80 bis 90 Prozent aller Kunden in Italien verlieren“, räumt Luca Napolitano ein.
Unterwegs ist der Lancia Ypsilon auf der e-CMP-Plattform von Stellantis; angetrieben von einem Elektromotor an der Vorderachse, der mit seinen 115 kW (156 PS) und 260 Nm in nahezu allem unterwegs ist, was bei Stellantis unter 4,50 Meter lang ist. Das 54 kWh große Akkupaket sorgt für eine Reichweite von 400 Kilometern. Nicht viel, aber nicht so unzeitgemäß wie die schlappe Ladegeschwindigkeit von gerade einmal 100 kW. Gerade für den Heimatmarkt in Italien wird es jenen 1,2-Liter-Dreizylinder geben, der auch den Opel Corsa Hybrid antreibt. Im sechsstufigen Doppelkupplungsgetriebe ist ein Elektromotor untergebracht, der weitere 21 kW / 28 PS an Leistung beisteuert und von der Lithium-Ionen-Batterie mit Energie versorgt wird, die sich unter dem Fahrersitz befindet. Ein 48-Volt-Bordnetz sorgt zusammen mit dem Elektromotor für einen Knauserverbrauch. Im nächsten Jahr folgt die Sportversion des Lancia Ypsilon HF, der den 176 kW (240 PS) starken Elektromotor des Fiat 600e Abarth bekommen soll. Ein Hauch Rallyegefühle im Lancia Ypsilon? Man wird es sehen.
Jedoch soll der Ypsilon der einzige Lancia sein, der auch als Verbrenner verfügbar ist. In den kommenden vier Jahren folgen zwei weitere Elektromodelle, mit denen sich Lancia ins ertragreiche Premiumsegment emporarbeiten will. Als Gamma folgt 2026 eine rund 4,70 Meter lange Schräghecklimousine, die betont luxuriös ausgestattet auch als Allradler angeboten wird. „50 Prozent der Kunden werden aus Italien kommen; die andere Hälfte soll in anderen Nationen verkauft werden“, sagt Luca Napolitano. 2028 rollt der große Lancia Delta an.
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