Betrachtung: So will Dongfeng Europa erobern
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Mit Dongfeng will der nächste chinesische Autobauer in Europa Fuß fassen. Anders als so mancher Konkurrent aus dem Heimatland will der Staatskonzern nichts überstürzen und den elektrischen Kleinwagen Nammi 01 zu einem Kampfpreis anbieten.
Lei Ma hat ein distinguiertes Auftreten. Maßgeschneiderter Anzug, perfekt sitzendes Hemd und eine geschliffene Sprache. Der Verantwortliche für das internationale Geschäft des chinesischen Staats-Autobauers Dongfeng nutzt gerne Metaphern, um seinen Standpunkt klarzumachen. „Ein Automobilhersteller ist wie der Chefkoch eines Restaurants. Er muss seiner Linie treu bleiben, sonst ist er einer von vielen“, erklärt Ma. Auf die Gegenfrage „Also das Gesicht in der Menge?“, strahlt der Stratege und nickt eifrig.
Diese Idee ist nicht ganz neu. Das wollen alle Automobilhersteller sein. Sei es BMW, Mercedes, BYD oder eben Dongfeng. Bei den Chinesen ist diese Notwendigkeit nur noch ausgeprägter, da es bei den Akteuren aus dem Reich der Mitte einen Verdrängungswettbewerb geben wird, den nicht alle überleben werden. Massenware definiert sich über den Preis und das ist auch in China ein beinhartes Geschäft. Das weiß natürlich auch Lei Ma, deshalb soll sich Dongfeng über Attribute wie Luxus, Intelligenz und Sicherheit definieren. Unter Letzterem versteht Dongfeng nicht nur den Bestwert im Crashtest, sondern auch die Sicherheit der Daten. Für einen chinesischen Autobauer ist das zumindest eine interessante Aussage.
Und der Luxus? „Schauen Sie sich unsere Innenräume an. Wir sind bei den Materialien und der Verarbeitung immer ein bisschen besser als Tesla“, erklärt Voyah-Manager Yuan Gao. Offenbar gilt Tesla bei Dongfeng als Maßstab für die Elektromobilität. „Um in Zukunft Erfolg zu haben, müssen wir aufrichtig sein. Der Kunde muss wissen, wofür wir stehen und was er von uns erwarten kann“, stellt Lei Ma klar und greift erneut zum Kulinark-Vokabular: „Es ist wie bei einem Lieblingsessen. Das muss auch immer schmecken! Wir wollen keine typisch chinesische Marke sein.“ Deswegen setzt Dongfeng auf eine enge Zusammenarbeit mit den Händlern. Die sollen die Nachricht und die Zuverlässigkeit des Automobilherstellers in die jeweilige Region tragen. Für Lei Ma gilt die Maxime: Gut Ding will Weile haben. Nichts überstürzen und einen Schritt nach dem anderen machen. Genau aus diesem Grund wollen die Chinesen erst im vierten Quartal, dieses Jahres, spätestens Anfang 2025 nach Deutschland kommen. Also nach den Markteintritten in der Schweiz, Norwegen und unlängst Italien, die als Testläufe für das teutonische Haifischbecken dienen.
Die Eroberung des alten Kontinents stützt sich auf drei Säulen beziehungsweise Marken. Hero steht für Luxus. Der Vorbote ist der martialische Mercedes EQG-Gegner M-Hero 1. Später wird es mit dem M-Hero 2 noch einen Crossover geben, der sich mit dem Erstling die Technik teilt. Das Premium-Segment bedient Voyah. Das SUV Voyah Free wird sowohl als batterieelektrische als auch als Plug-in-Hybrid nach Europa kommen. Ebenso die Fünf-Meter-Limousine Passion, die sich mit dem Free die Electric Smart Secure Architecture (ESSA) Plattform teilt. Dass die Chinesen die Zeichen der Zeit erkannt haben und dementsprechend handeln, zeigt der Siebensitzer-BEV-Van Dream. Große Hoffnungen setzt Dongfeng auf einen Tesla Model Y Gegner (Entwicklungscode H37), der im Dezember mit 800-Volt-Technik an den Start rollt. Damit merzt der asiatische Automobilhersteller eine große Schwäche aus: das Laden. „In Europa ist unsere Ladegeschwindigkeit noch nicht konkurrenzfähig“, erklärt Yuan Gao und schiebt gleich den Grund nach: „In China fahren die Leute nie aus der Stadt, da ist Schnellladen nicht wichtig. Das ist in Europa anders.“
Mit dem Weg nach Westen sollen nun ganz neue Zeiten anbrechen. „Wir werden 500 kW Ladeleistung erreichen“, verspricht Gao. Mal sehen, wann und ob diesen Worten Taten folgen. Ab nächstem Jahr will Dongfeng nur noch Voyah-Fahrzeuge mit 800-Volt-Technik auf den Markt bringen. Los geht es mit der Limousine Passion. Auch die anstehende Überarbeitung des Voyah Free wird von dieser Verbesserung profitieren. Die Volumenmarke trägt den Namen Dongfeng und wird im dritten Quartal mit dem elektrischen Kleinwagen Box eine Attacke auf VW & Co. lancieren. „Entscheidend für den Erfolg wird die Preisgestaltung der europäischen Modelle sein“, ist sich Professor Stefan Bratzel Direktor des Center of Automotive Management (CAM) sicher.
Das wissen auch die Dongfeng-Verkaufsstrategen. Der Stadt-Stromer ist in China bereits als Nammi 01 auf dem Markt, schafft eine Mindestreichweite von rund 330 Kilometern und kostet auf dem Heimatmarkt mindestens 79,800 Yuan (etwa 10.300 Euro). In Europa peilt Dongfeng einen Einstiegspreis von rund 20.000 Euro an. Falls die Chinesen diesen realisieren können, brechen harte Zeiten für die Platzhirsche an. Sobald dieser Brückenkopf errichtet ist, sollen in den nächsten zwei Jahren drei bis fünf Modelle zwischen vier und fünf Metern Länge folgen, darunter ein SUV-Coupé, eine Limousine und ein Familienauto. Selbst für den Fall, dass die EU-Schutzzölle erhebt, um die heimischen Automarken zu schützen, ist Dongfeng offenbar gewappnet. „Wir haben Pläne, damit die Preise nicht zu sehr ansteigen“; verrät Yuan Gao und antwortet auf die Frage, ob auch eine Produktion in Europa denkbar sei, mit einem bestimmten „Ja, absolut.“
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