Cariad-Software: Ein Problemkind des VW-Konzerns
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Ende April präsentierten Oliver Blume und Gernot Döllner auf der Autoshow in Peking die Zukunft des Volkswagen-Konzerns. Blume, der sowohl Porsche als auch den gesamten Volkswagen-Konzern leitet, stellte den elektrischen Porsche Macan vor. Dieses SUV, das ursprünglich vor drei Jahren auf den Markt kommen sollte, wird nun Ende 2024 verfügbar sein. Audi-Chef Döllner zeigte eine spezielle Chinaversion des elektrischen Q6, die ebenfalls mit Verzögerung erscheint und von den Händlern sehnsüchtig erwartet wird. Ausschlaggebend für die Verschiebung beider Modelle: die Software.
Es verwundert daher nicht, dass hinter den Kulissen große Unzufriedenheit herrscht, wie das Manager-Magazin berichtet. Die Führungskräfte von Volkswagen hatten sich fast vollständig nach Peking begeben, um bei einer Konzernabnahmefahrt neue Modelle zu testen und mit der Konkurrenz zu vergleichen. Blumes Reaktion auf den neuen Audi Q6 e-tron war ernüchternd. Ein Teilnehmer bezeichnete Blumes Urteil als „Katastrophe“. Der Elektro-Q6 schnitt in Blumes Bewertung besonders schlecht ab.
Hierbei war es demnach vor allem die Software, die Probleme bereitete. So sollen einigen Teilnehmern zufolge die Anzeigen auf Displays teilweise nicht funktioniert haben. Andere Funktionen waren für Blume und den Rest der Führungsriege hingegen gar nicht bewertbar. Die ständigen Verzögerungen bei Software und Elektronik stellen ein großes Hindernis dar. Serien von Modellen verschieben sich, weil die Softwarearchitekturen nicht rechtzeitig fertig werden. Und wenn sie fertig werden, anscheinend nicht komplett und fehlerhaft.
Der Porsche Macan, der Audi Q6 e-tron, der VW ID.7 und der neue VW Tiguan – alle waren oder sind verspätet. Dies wirkt sich negativ auf den Handel aus, und die schwachen Ergebnisse von Audi und Porsche im ersten Quartal sind nur der Anfang.
Das Problem hat einen Namen: Cariad
Das Problem hat VW-intern einen Namen: Cariad. Peter Bosch, der neue Leiter von Cariad, steht seit Übernahme seiner Aufgabe vor einer ebenso gewaltigen wie kniffligen Aufgabe, die Einheit zu sanieren und gleichzeitig drastische Kostensenkungen zu erreichen. Die größte Herausforderung ist die Software- und Elektronikarchitektur E3 1.2, die für Porsche und Audi konzipiert wurde. Cariad hätte diese Architektur Ende 2021 fertigstellen sollen, aber nun sollen die ersten Kunden ihre Autos erst Ende 2024 erhalten. Besonders betroffen ist der Audi Q6L in China, der mit einer anderen Softwareversion und zusätzlichen Assistenzsystemen ausgestattet ist. Trotz eines neuen und besseren Clusters hinken die Algorithmen etwa ein halbes Jahr hinterher.
Audi trifft die Verzögerung besonders stark. Auch am eigenen Geldbeutel. Denn das neue Werk in Changchun für Elektromodelle, das jährlich 150.000 Autos produzieren soll, wurde bereits mit 2,6 Milliarden Euro finanziert. Die Produktion soll Ende des Jahres beginnen. Ein Insider meinte, man könne nur sehr langsam starten und zunächst für den Parkplatz produzieren, um die Software später zu installieren. Dies könnte jedoch bis Ende 2025 dauern.
Die Probleme bei Cariad haben eine Kettenreaktion im gesamten Konzern ausgelöst. Die Arbeit an der neuen Elektronikarchitektur E3 1.1 für VW, Škoda und Cupra verschlang so viel Zeit, dass die Version 1.2 für Audi und Porsche zu spät kam. Verzögerungen bei der Entwicklung von 1.2 haben die Arbeit an der geplanten Wundersoftware 2.0 bis heute verzögert. Ein Beteiligter meinte: „Die Cariad-Probleme werden immer gefährlicher.“
Porsche arbeitet inzwischen an einer eigenen Lösung, um sich von der Cariad-Software unabhängig zu machen. Der von Blume in Peking vorgestellte Macan nutzt daher eine andere Software als der Audi Q6L. Betroffen sind hierbei nicht nur die E-Modelle der Marken, sondern beispielsweise auch Audis neuster Verbrenner, der Q3.
VW-Markenchef Thomas Schäfer verzichtet bei einigen Modellen auf das neue Infotainmentsystem und setzt auf die alte Version. Dies führt zu weiteren Verzögerungen bei den Markteinführungen. Elektrische Luxusmodelle wie Bentleys Landjet und Audis Landyacht, die eigentlich ab 2025 auf den Markt kommen sollten, sind bereits auf 2028 verschoben worden. Eine Besserung ist nicht in Sicht. Die Diskussionen über zukünftige Elektronikversionen halten an.
Ohne funktionierende Software kann keine der Marken im Volkswagen-Konzern Erfolg haben. Audi bangt bereits kurz nach Präsentation um sein neues Elektroflaggschiff Q6. Die Nachfrage in Europa ist bisher gering. Döllner nahm die Testergebnisse in China ernst und schickte einige Verantwortliche vorzeitig nach Hause, um sich auf die anstehenden Aufgaben zu konzentrieren.
Quelle: Manager-Magazin – Neuer Softwareärger bei Audi, VW und Porsche
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