BMW fordert Anreize statt Verbote für E-Mobilität
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Im Interview mit dem Merkur gab Milan Nedeljkovic, Produktionsvorstand bei BMW, einen detaillierten Einblick in die aktuelle Lage der Produktionsstandorte des Unternehmens, insbesondere in Deutschland, und beleuchtet die Herausforderungen und Chancen, die sich für die Automobilindustrie in einem schwierigen Marktumfeld ergeben. Hierbei spielt auch das sogenannte “Verbrenner-Verbot” eine Rolle, das regelt, dass in der EU ab 2035 nur noch CO2-neutrale Neufahrzeuge zugelassen werden, etwa indem Verbrenner mit E-Fuels betrieben werden.
Trotz der derzeitigen Schwierigkeiten in der Autobranche, wie dem Rückgang der Gewinne und der teils mangelnden Auslastung bei vielen Herstellern, zeigt sich BMW optimistisch. Nedeljkovic hebt hervor, dass BMW noch sehr gut dastehe: „Unsere Werke sind gut ausgelastet. Besonders in Deutschland hatten wir in den letzten beiden Jahren stetiges Wachstum“, erklärt er. Diese positive Entwicklung habe dazu geführt, dass BMW in Regensburg die Nachtschicht wieder eingeführt habe und ähnliche Pläne für das Werk in Leipzig verfolge. So stiegen die Elektroauto-Auslieferungen der Marken BMW, Mini und Rolls-Royce um 24,6 Prozent auf gut 190.000 rein elektrische Autos. Mit nahezu 180.000 ausgelieferten Elektroautos stehe die Marke BMW weltweit an dritter Stelle und weise unter den Top 3 mit +34 Prozent zudem die höchsten Zuwächse aus.
BMW plant, in diesem Jahr über eine Million Autos in Deutschland zu produzieren, ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren. „2023 waren es gut 930.000, das Jahr davor 780.000“, so Nedeljkovic. Diese Zahlen verdeutlichen das Wachstum und die hohe Produktionskapazität des Unternehmens. Angesichts dieser Entwicklung stellt BMW seine deutschen Standorte nicht infrage. Im Gegenteil, wie Nedeljkovic betont: „BMW investiert gerade viel Geld, um die deutschen Werke fit für die Neue Klasse und die nächste Generation der E-Mobilität zu machen.“
Massive Investitionen in die Zukunft der E-Mobilität
In den vergangenen fünf Jahren hat BMW rund fünf Milliarden Euro in seine deutschen Standorte investiert, durchschnittlich etwa eine Milliarde Euro pro Jahr. Diese Investitionen flossen vor allem in die Entwicklung von Kompetenzzentren für Batterien und Elektroantriebe, die Weiterentwicklung der Werke und die Vorbereitung für die zukünftige Batteriefertigung in Straßkirchen. Trotz der aktuell eher schwachen Nachfrage nach Elektroautos auf dem deutschen Markt zeigt sich BMW zuversichtlich, was das Wachstum der E-Mobilität betrifft. Nedeljkovic erwartet, dass in den bayerischen Werken im laufenden Jahr jedes dritte Auto vollelektrisch sein wird, was das anhaltend große Interesse der Kunden an E-Modellen unterstreiche.
Flexibilität ist laut Nedeljkovic der Kern der Produktionsstrategie von BMW: „Wir bauen E-Autos, Verbrenner und Hybride auf einem Band und können so gut auf die Nachfrage der Kunden reagieren.“ Diese flexible Produktion werde auch in Zukunft beibehalten, selbst wenn in München ab 2027 nur noch E-Autos gebaut werden. BMW plant, innerhalb des Werksverbunds in Deutschland und weltweit Produktionsvolumen weiterhin verschieben zu können, um eine hohe Auslastung der Werke zu gewährleisten.
Während BMW weiterhin fest auf seine deutschen Standorte setzt, spricht Nedeljkovic offen über die Herausforderungen, die der Industriestandort Deutschland mit sich bringt. Er verweist auf die wachsenden Schwierigkeiten, im Wettbewerb zu bestehen, insbesondere angesichts der hohen Bürokratie, der hohen Energiepreise und der hohen Standortkosten. „Wäre es ein isolierter Faktor, könnte man ihn einfacher angehen. Aber es ist eher ein Mix aus Bürokratie, hohen Energiepreisen und hohen Standortkosten“, beschreibt Nedeljkovic die Problematik. Hinzu kommen Herausforderungen in der Infrastruktur, insbesondere beim Straßennetz und der Bahn, die für den Transport von Waren und Fahrzeugen entscheidend sind. Auch die digitale Infrastruktur sei ein kritischer Punkt, der laut Nedeljkovic verbessert werden muss.
BMW
Trotz dieser Herausforderungen sieht Nedeljkovic Deutschland weiterhin in einer starken Position. „Deutschland ist ein starker Wirtschaftsraum und Industriestandort, das sollte man nicht pauschal schlechtreden“, betont er, wobei er die hohe Leistungsbereitschaft und Ausbildung der Menschen, die innovativen Zulieferer und den stabilen rechtlichen Rahmen als Pluspunkte hervorhebt.
Zukunft der Verbrennungsmotoren und Standortwahl in Ungarn
Im Kontext der EU-Diskussion über das Verbot von Neufahrzeugen mit fossil betriebenen Verbrennungsmotoren ab 2035 plädiert Nedeljkovic für eine realistischere Herangehensweise. Er hält das Ziel, den Autoverkehr vollständig zu elektrifizieren, für sinnvoll, jedoch in der derzeit diskutierten Form für schwer umsetzbar. Stattdessen spricht er sich für Anreize aus, die den Umstieg auf E-Autos fördern könnten, wie etwa privilegierte Zugänge zu Innenstädten oder spezielle Fahrspuren auf Autobahnen.
Auf die Frage, warum BMW sein neues Werk im ungarischen Debrecen und nicht in Deutschland baut, erklärt Nedeljkovic, dass die Entscheidung aufgrund der günstigen Bedingungen in Ungarn, wie der Verfügbarkeit großer Flächen und einer guten Infrastruktur, gefallen sei. „Ungarn stellt große Flächen für Neuansiedelungen zur Verfügung und weil es dort viele Zulieferer, gute Universitäten und eine gute Infrastruktur für die Autoindustrie gibt, haben wir uns für den Standort entschieden“, erläutert er. Die politischen Verhältnisse in Ungarn, die teils kritisch gesehen werden, beeinflussen die langfristige Investition von BMW in Europa nicht. „Ungarn ist Teil der europäischen Gesellschaft und seit mehr als 20 Jahren EU-Mitglied. Wir investieren mit unserem Werk langfristig in Europa“, stellt Nedeljkovic klar.
Abschließend spricht Nedeljkovic über die Herausforderungen bei Industrieansiedlungen in Deutschland, am Beispiel des neuen Batteriefertigungswerks in Straßkirchen, Niederbayern. Trotz anfänglicher Proteste und eines Volksentscheids konnte BMW das Projekt erfolgreich vorantreiben, indem das Unternehmen proaktiv auf die Sorgen der Bürger eingegangen sei. Zugeständnisse an die Kritiker, wie bei Fragen zur Anbindung und Gestaltung der Anlagen, seien dabei unerlässlich. „Der Erfolg eines Unternehmens beruht unter anderem darauf, dass die Anwohner und somit auch die Mitarbeiter vor Ort stolz auf den Standort sind“, resümiert Nedeljkovic.
Quelle: Merkur.de – Mehr Anreize für E-Autos: BMW fordert eigene Spur und kostenloses Parken
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