Hintergründe: EU-Zölle auf China-Elektroautos
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Der Zollstreit zwischen der Europäischen Union und China geht in die nächste Runde. Noch ist es nicht entschieden, ob die chinesischen Autohersteller Strafzölle für die Einfuhr der Autos nach Europa zahlen müssen. Doch vieles deutet darauf hin, dass nicht nur die Modelle von SAIC, Geely oder Great Wall ab dem Winter deutlich teurer werden.
Die Europäische Union wirft China seit Längerem vor, den Wettbewerb auf dem eigenen Markt mit überdimensionalen Subventionen zugunsten der eigenen Marken zu verzerren und will daher wohl ab November entsprechende Strafzahlungen einführen. Diese angedrohten Sonderzölle sollen, so sie dann nicht noch zurückgenommen werden, etwas geringer ausfallen als ehemals angedroht. Nachdem die EU die Zölle nochmals vertieft hat prüfen lassen, senkte sie den Maximalsatz von zuvor geplanten 37,6 Prozent nunmehr geringfügig auf 36,6 Prozent.
Doch das vermeintlich grüne Licht der eigenen Juristen für entsprechende Zölle hat für die Brüsseler Regulierer auch einen faden Beigeschmack. Nur allzu gerne hätte man die Strafzahlungen auch rückwirkend zu Anfang Juli durchgesetzt; doch hierfür soll nach aktuellem Stand keine Rechtsgrundlage gegeben sein. Generell gibt es in der EU einen Einfuhrzoll von zehn Prozent auf Neufahrzeuge.
Auswirkungen der Zölle auf europäische und chinesische Hersteller
Für die einzelnen chinesischen Hersteller gab es nunmehr jedoch eine leichte Reduzierung der finanziellen Drohgebärden, denn einzelne Marken sollen weniger zur Kasse gebeten werden. So sank der angedrohte Strafzoll bei Massenhersteller BYD, zunehmend auch in Europa aktiv, von 17,7 auf 17,0 Prozent, bei Geely von 19,9 auf 19,3 Prozent und bei SAIC von 37,6 auf 36,3 Prozent. Das wird sich – sobald eingeführt – auf die Verkaufspreise in Europa und somit auch auf das Marktgeschehen auswirken, wobei in erster Linie Elektroautos betroffen sind. MG beispielsweise hat sich gerade in Deutschland in den vergangenen Jahren mit vielen Taten und wenig Reden zu einer der erfolgreichsten China-Marken emporgearbeitet. Das kompakte Elektromodell MG4, ein direkter Wettbewerber von VW ID.3 oder Cupra Born, würde sich durch entsprechende Strafzölle deutlich verteuern, da MG zum chinesischen SAIC-Konzern gehört.
Taktisch sind die jüngsten Reduzierungen nicht mehr als ein Signal, dass die Tür für Verhandlungen bisher nicht geschlossen ist. Jene Automarken, die mit der Europäischen Union aktiv zusammenarbeiten, würden statt der ehemals geplanten 21,3 mit nunmehr 20,8 Prozent belastet. Hinter den Kulissen wird eifrig verhandelt und so steht bis jetzt nicht fest, ob die Strafzölle zu Anfang November 2024 eingeführt werden. Zuvor müssen sich die einzelnen 27 Staaten der Europäischen Union mehrheitlich für diese Regelung aussprechen.
Auch deutsche Hersteller wären betroffen
Doch wer meint, dass durch die Strafzölle allein die chinesischen Autohersteller zur Kasse geben werden, irrt gewaltig. Denn auch Marken wie Tesla, Volkswagen, BMW oder Mercedes fertigen seit Jahren Autos in China – und einige der Modelle werden nach Europa eingeführt. Geely produziert zum Beispiel nicht nur die Modelle von Lotus, die speziell gehen die deutsche Konkurrenz von Porsche Taycan oder Audi e-tron GT positioniert sind, in China. Der Großkonzern fertig als Kooperationspartner von Mercedes dort unter anderem auch die Smart-Modelle #1 und #3.
Die Volkswagen-Konzernmarke Cupra beispielsweise produziert seinen elektrischen Mittelklasse-Crossover Tavascan im chinesischen Anhui und verschifft diesen via Shanghai nach Europa. Mini lässt seinen elektrischen Cooper im Joint Venture mit Great Wall Motors (Spotlight Automotive Ltd.) fertigen. Die Bayern wurden nunmehr in den Kreis den kooperierenden Unternehmen aufgenommen. „Die Einführung zusätzlicher Importzölle führt in eine Sackgasse. Sie stärkt nicht die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Hersteller“, sagte Oliver Zipse, der der BMW-Vorstandsvorsitzende der BMW AG, bereits im Juni, „im Gegenteil: Sie schadet vielmehr dem Geschäftsmodell global agierender Unternehmen, schränkt das Angebot von E-Autos für europäische Kunden ein und kann damit sogar die Dekarbonisierung im Verkehrssektor verlangsamen. Solche Maßnahmen sind ein schwerer Eingriff in das auch von der EU propagierte Prinzip des freien Handels.“
Der Volkswagen Konzern müsste entsprechend ab dem Spätherbst sogar mit unterschiedlichen Strafzöllen jonglieren, da die Wolfsburger mit SAIC, FAW und JAC drei unterschiedliche Joint-Venture-Partner haben. Für Tesla, die in Shanghai ebenfalls Autos wie das Model 3 und Model Y fertigen, gibt es nach den jüngsten Verhandlungen eine Sonderregelung. Da die Firma von Elon Musk anders als die Wettbewerber in China kein Joint Venture eingegangen ist, wurden die möglichen Strafzölle auf neun Prozent reduziert. Die meisten seiner europäischen Autos fertigt Tesla jedoch in Grünheide nahe Berlin.
Deutsche Industrie steht Strafzöllen kritisch gegenüber
Speziell die deutsche Industrie steht den aus Brüssel ins Spiel gebrachten Strafzöllen skeptisch gegenüber. In Wolfsburg, München oder Stuttgart befürchtet man nicht allein schmerzhafte Gegenmaßnahmen aus und speziell in China. Doch nicht allein die Premiummarken wie Audi, BMW oder Mercedes verdienen auf dem größten Automarkt der Welt mit großen Verkaufsvolumina das meiste Geld. Langfristig planen auch einige europäische Marken, in China produzierte Modelle vermehrt in andere Regionen der Welt – darunter auch nach Europa – zu exportieren.
Strafsteuern könnten sich dann sogar doppelt in den eigenen Verkaufs- und Ertragszahlen bemerkbar machen. Doch so skeptisch wie die deutsche Politik sieht man es nicht in einigen Nachbarstaaten. In Ländern wie Italien, Spanien oder Frankreich wird der neu ausgerufene Protektionismus eher befürwortet. Und da die Abstimmung in Relation zur Einwohnerzahl berechnet wird, stehen die Chancen für ein „ja“ in Brüssel gut.
Bereits die Ankündigungen aus dem Juli, dass es Strafzölle für Autos aus China in Europa geben könnte, zeigen erste Auswirkungen. Die jüngsten chinesischen Einfuhrzahlen im Juli sanken, was aber nicht zuletzt an der anhaltenden Kaufzurückhaltung bei Elektroautos gelegen haben dürfte. Dass einige Marken und deren Importeure versucht haben, die Einfuhr auf die Zeit vor dem 5. Juli vorzuziehen, um die ehemals angedrohten rückwirkenden Zölle zu umgehen dürfte sich zumindest leicht bemerkbar gemacht haben. Doch diese rückwirkenden Zölle sind nunmehr vom Tisch und so wird sich zeigen, wie sich die Verkäufe von SAIC, Dongfeng, Chery, Nio, Geely, Great Wall und Co. in den kommenden Wochen und Monaten entwickeln.
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