Jeep Avenger im Test: Die blinkende Beat-Box
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Mit dem Jeep Avenger Elektro in der Ausstattungslinie Altitude ist jüngst ein Modell von Stellantis zum zweiwöchigen Test bei uns vorgefahren. Der erste vollelektrische Jeep hat den aus einigen anderen Modellen der Stellantis-Marken bekannten 115 kW (156 PS) starken Elektromotor mit Frontantrieb an Bord und ist mit dem ebenfalls gut bekannten 54 kWh Bruttokapazität fassenden Akku bestückt.
Mit 4,08 Metern Länge ist der Avenger ein recht kompaktes und mit knapp 1,78 Metern Breite ohne Seitenspiegel auch eher schlankes Elektro-SUV im Kleinwagenformat, das auf der Mischplattform ebenfalls als Benziner oder Hybrid erhältlich ist. Gut 700 Kilometer legten wir mit dem Testfahrzeug zurück, und diese Dinge sind uns dabei besonders aufgefallen:
Die Pluspunkte des Jeep Avenger
Die Optik: Der Avenger sieht richtig gut aus. Obwohl er von den Ausmaßen kompakt ist, wirkt er sehr präsent, ohne dabei zu bullig auszusehen. Von vorne und von der Seite ist er offenkundig ein Jeep mit der markentypischen Linienführung sowie dem in diesem Fall gar nicht notwendigen Kühlergrill, wie man ihn von seinen größeren Markengeschwistern kennt. Von hinten wirkt er nicht ganz so markant, ist aber ebenfalls gefällig – auch dank des gelungenen Lichtdesigns. Und die Farbe des Testwagens namens Lake Blue-Green wusste ebenfalls zu gefallen.
Innen fallen im Cockpit die vielen durchgezogenen waagrechten Linien auf, die von einer an den Seiten diese Struktur aufbrechende Innenraumbeleuchtung gequert wird. Das wirkt durchaus schick. Die Bedienelemente sind übersichtlich angeordnet, alles wirkt gut aufgeräumt.
Daniel Krenzer
Die Pfiffigkeit: Auch wenn die Technik in Stellantis-Autos oft die gleiche ist, so weist der Jeep Avenger doch einige Besonderheiten bei der Ausstattung auf. Praktisch ist die breite Ablagefläche in der Armatur, auch in den Ablagen in den Türen und in der Mittelkonsole mit interessanter zusammenklappbarer Abdeckung ist noch einiges an zusätzlichem Stauraum vorhanden.
Das Infotainmentsystem ist zwar nicht allzu ausufernd, aber die Navigation darin ist intuitiv einfach und wartet mit einigen Nettigkeiten auf wie einer Verbrauchsstatistik nach ausgewählten Zeiträumen. Und dann gibt es noch den Blinker. Wird dieser betätigt, ertönt ein rhythmischer Beat. Das ist anfangs verblüffend und echt witzig, nutzt sich aber freilich mit der Zeit ab und kann im schlimmsten Fall dann sogar etwas auf die Nerven gehen. Ein witziges Alleinstellungsmerkmal bleibt es jedoch. Und auch alles andere als selbstverständlich: Apple Car Play funktioniert auch kabellos einwandfrei.
Die Stadttugenden: Im Stadtverkehr ist der Jeep Avenger sehr angenehm zu navigieren. Durch die kompakte Größe, aber erhöhte Sitzposition, hat der Fahrer stets einen guten Überblick, schafft es aber dennoch in fast jede Parklücke und muss sich keine allzu großen Sorgen machen, sich irgendwo den Spiegel abzufahren. Zudem ist im Fahrmodus B mit erhöhter Rekuperation ein sehr sparsames Fahren möglich, mitunter zeigte uns der Bordcomputer auch nach längeren Stadtfahrten Werte von unter 15 kWh. Auch im Sport-Modus bleibt zwar eine Explosivität wie bei vielen anderen Elektroautos aus, doch es lässt sich im Stadtverkehr richtig gut mitschwimmen und zum Beat des Blinkers wippen.
Daniel Krenzer
Die Minuspunkte des Jeep Avenger
Die Langstreckentauglichkeit: Die Crux am gut bekannten Stellantis-Paket ist immer dieselbe: Der gut 50 kWh nutzbare Energie fassende Akku sowie das mitunter wirklich quälend langsame Ladeverhalten machen weitere Fahrten zur Herausforderung. Bei einem Autobahnverbrauch von etwa 20 kWh, der bei 120 Stundenkilometern erreicht wird, muss nach wenig mehr als 200 Kilometern dann doch langsam mal nachgeladen werden. Bis zu 100 kW DC-Ladeleistung sollen möglich sein, 75 kW waren aber das höchste, was wir im Test ablesen konnten. Und allzu schnell pendelt sich die Ladeleistung bei voller werdendem Akku bei weniger als 40 kW ein.
Der Ladevorgang von 10 bis 80 Prozent dauert da gerne mal gut 40 Minuten, zumindest bei den kühleren Temperaturen im Testzeitraum. Bei einer ermittelten realistischen Reichweite von gut 240 Kilometern sind das also keine 170 nachgeladene Kilometer auf der weiteren Autobahnfahrt. Mehr als 350 Kilometer am Stück wird sich da kaum jemand häufiger antun wollen.
Die Platzverhältnisse: Die kompakten Ausmaße bleiben natürlich nicht ohne Konsequenzen. Der Kofferraum ist mit 355 Litern Fassungsvermögen eher klein, dabei jedoch relativ hoch. Viele sperrigere Gegenstände lassen sich also nur mit Umlegen der Sitzbank transportieren, ein großer Kinderwagen passt zum Beispiel nicht rein. Mit umgelegter Sitzbank passt dann aber das Kind nur noch auf den Beifahrersitz, weitere Passagiere ausgeschlossen.
Und auch auf der Rückbank herrschen recht beengte Verhältnisse. Ein 1,90 Meter großer Fahrer würde eigentlich gerne noch etwas weiter mit dem Sitz nach hinten fahren als möglich, doch schon in der hintersten Stellung bekommt eine deutlich kleinere Person nur mit Mühen noch die eigenen Beine unter.
Daniel Krenzer
Die unerfüllten Erwartungen: Mit dem Markennamen Jeep verbindet man gewisse Tugenden, vor allem eine gewisse Geländegängigkeit. Zwar gaukelt die der Avenger mit Fahrmodi wie “Schlamm” zwar vor, doch außer ein bisschen weniger Kraft auf die Vorderräder zu packen, um sich nicht in selbigem zu vergraben, schafft der auch nicht. Schließlich kommen die 115 kW ausschließlich vorne an. Optisch reiht sich der Avenger zwar gut in die Jeep-Modellpalette ein, ein echter Jeep wird er dadurch gefühlt aber nicht. Zumindest eine ursprünglich mal angedachte Allrad-Option wäre da spannend gewesen – nicht nur wie aktuell in der Hybrid-Version, sondern als Elektroauto.
Fazit
Der erste Elektro-Jeep ist ein pfiffiges kleines SUV, das durchaus Fahrspaß mit sich bringt und sich vor allem im Stadtverkehr und auf kürzeren Strecken wohlfühlt. An sich fährt er sich auch auf der Autobahn tadellos, was auch an gut arbeitenden Assistenzsystemen liegt. Durch den eher kleinen Akku sowie die geringe Ladeleistung und den der Form geschuldeten nicht allzu sparsamen Autobahnverbrauch ist er aber alles andere als ein Langstrecken-König. Für den Wochenendausflug reicht es aber völlig aus.
Auch wenn das Technik-Paket ein Stellantis-Klassiker ist, setzt der Avenger eigene Akzente – und das nicht nur mit dem Blinkergeräusch. Er ist weder überdesignt noch langweilig und liegt preislich noch in einem für viele erträglichen Feld. Die Basisversion beginnt bei 38.500 Euro, unser Testwagen als Altitude mit zusätzlichem Assistenzpaket für 1290 Euro, Infotainmentpaket für 890 Euro sowie LED- und Style-Paket für 1490 Euro bringt es am Ende dann aber auch auf etwas mehr als 45.000 Euro. Dafür ist er dann sehr gut ausgestattet und ein angenehmer Wegbegleiter – zumindest wenn man nicht zu denjenigen gehört, die vom Blinker genervt sind.
Transparenz-Hinweis: Das Fahrzeug wurde uns für zwei Wochen kostenfrei zur Verfügung gestellt. Unsere hier dargestellte ehrliche Meinung beeinflusst dies jedoch nicht.
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