Betrachtung: Offroader der Zukunft nur noch mit Stecker?
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Was auf der Straße gilt, wandert so langsam auch ins Gelände. Immer mehr Offroader werden in den kommenden Jahren mit einem Elektroantrieb unterwegs sein. Das stößt bei vielen Hardcore-Fans aktuell noch auf wenig Gegenliebe.
Offroadfans sind keine normalen Autofahrer, denn der Spaß am Geländewagen ist Freizeitgestaltung und Lebenseinstellung zugleich. Egal ob Toyota Land Cruiser, Mercedes G-Klasse, Suzuki Jimny oder ein alter Daihatsu Wildcat – die Allradszene ist eine höchst eingeschworene Gemeinschaft. Gerade in den Sommermonaten zieht es die Fans bevorzugt in alte Steinbrüche oder auf die Offroadgelände, wo man die rollenden Klettermaxen an ihre Grenzen bringt.
Künftig mehr Elektrofahrzeuge Offroad unterwegs?
Bald dürften sich immer mehr Elektrofahrzeuge unter die Fangemeinde Mischen, denn mittelfristig wird es kaum noch neue Geländewagen mit Verbrennungsmotor geben. Land Rover wird bis zum Ende des Jahrzehnts elektrisch, Jeep ebenfalls und auch einer der rustikalsten Offroader, die Mercedes G-Klasse, bekommt 2024 einen elektrischen Abkömmling namens EQG. Der einstige Armeeliebling Hummer wurde von GMC bereits neu aufgelegt – mit Stecker. Mit seinen elektrisch angetrieben Achsen beherrscht er sogar den Krabbengang – schräg, damit er im harten Geländeeinsatz noch besser vorankommt. Für die beste Übersicht im unwegsamen Geläuf gibt es bei allen Modellen zahllose Offroadprogramme und Kameras für jeden noch so uneinsehbaren Winkel – das ist Offroad ab 2025.
Die Szene der jetzigen 4×4-Fans wird sich daher zu großen Teilen ins Klassikgeschäft verabschieden, wo Young- und Oldtimer mit Rammschutz, vergrößerten Federwegen und Stollreifen unverändert auf Erkundungstour geht, wenn ihnen die Politik dies nicht unterbindet. Doch der Nachschub neuer Modelle mit Diesel- oder Benzinantrieb wird fehlen, denn die Autohersteller haben sich größtenteils auf den Elektroantrieb festgelegt. So scheint auch die Verbrennerzukunft von Geländewagenklassikern wie Toyota Land Cruiser, Nissan Patrol oder den Billigmodellen Lada Niva / Taiga oder Suzuki Jimny ungewisser denn je. Diese punkteten bisweilen nicht nur mit günstigen Kaufpreisen und einem stattlichen Angebot an bezahlbarem Zubehör, sondern auch damit, dass sich diese bei Ausfällen im Gelände vergleichsweise einfach reparieren ließen.
Das Argument, dass die rustikalen Verbrennermodelle der Elektrokonkurrenz im harten Geländeeinsatz keine Chance lassen würden, wird nicht nur in den Entwicklungsabteilungen der Autohersteller müde belächelt. Elektro-Offroader wie der GMC Hummer EV, ein Rivian R1T oder auch der kommende Mercedes EQG lassen die rustikalen Klettermaxen von einst zumeist in Sand und Regen stehen. Ein Grund liegt in der feinen Dosierbarkeit des Antriebs, denn wo sonst Differenzialsperren und Untersetzungen wahre Wunder vollbringen, lässt sich der Elektroantrieb mit zwei bis vier einzelnen Motoren so fein dosieren, dass einzig das übergroße Gewicht des Akkupakets bei den Bergabfahrten Probleme bereiten kann.
Lithium-Ionen-Akkus im Gelände keiner Gefahr ausgesetzt
Keine Gefahr besteht dabei für die gigantischen Akkupakete im Unterboden, denn bei einem Modell wie dem kommenden Mercedes EQG sind die Lithium-Ionen-Batterien in den robusten Leiterrahmen aus bis zu 3,4 mm dickem Stahl integriert. Das macht die Karosserie nicht nur noch einmal deutlich verwindungssteifer, es sorgt auch für einen niedrigen Schwerpunkt. Selbst bei extremen Neigungswinkeln bleibt die G-Klasse so auf dem Boden. Als kleiner Nebeneffekt sorgt der Einsatz von vier Motoren für vier Räder bei der elektrischen Mercedes G-Klasse für eine deutlich präzisere und engere Kurvenfahrt. Da jedes Rad unabhängig ansteuerbar ist, lässt sich seine Umdrehung mit zur Lenkung nutzen. Zumindest beim Prototypen geht das so weit, dass er wie ein Panzer sich auf der Stelle drehen kann.
Der 5,50 Meter lange GMC Hummer EV sieht aus, als würde er fünf Tonnen wiegen – und tatsächlich ist er mit 4,3 Tonnen kaum leichter. Seine Kraft ist gewaltig, denn 740 kW / 1000 PS / 1.620 Nm sind eine schier unglaubliche Leistung und trotzdem ist der Hummer ein wahrer Tänzer. An der gewaltigen Mittelkonsole am Controller gespielt und das Herz des Elektrokolosses schlägt im Dreivierteltakt. Der kann durch seine vier einzeln angesteuerten Räder wie eine Krabbe auch schräg in eine Richtung zuckeln. Die drei Elektromotoren (einer vorn / zwei hinten) werden von einem 910 Kilogramm schweren Akkupaket im Unterboden mit Energie versorgt. Das stattliche Batteriepaket reicht für über 520 Kilometer, bis es an die nächste Ladesäule geht. Hier zeigt sich der Nachfahre des Army-Humvee überaus wandlungsfähig, denn das normale 400-Volt-Bordnetz kann sich beim Nachtanken auf 800 Volt verdoppeln und die Ladezeit somit deutlich reduzieren.
Elektro-Hummer so wendig wie noch nie…
Seine erste Testfahrt muss der Elektro-Koloss auf der Marterstrecke des Mildford-Testgeländes nahe Detroit hinter sich bringen. Hitze und staubige Pisten sind hier das kleinste Problem, doch der Hummer krabbelt ohne jegliche Probleme steilste Anstiege hinauf und wühlt sich durchs unwegsame Geläuf. Auch wenn sich die Fronthaube steil bergan in den Himmel reckt, behält der Fahrer alles im Blick, denn eine Kameraansicht auf dem Großbildschirm macht den Unterboden förmlich sichtbar und so gibt es keine bösen Überraschungen als der Hummer die Kuppe hinter sich gebracht hat. Dank 40 cm Bodenfreiheit bietet der Hummer eine Wattiefe von 81 cm.
Was am meisten beeindruckt, ist jedoch nicht die Lässigkeit, mit der der elektrische Mega-Pick-Up sich problemlos durch tiefe Spurrillen, Sand und Geröll wühlt. Trotz des Gewichts von mehr als vier Tonnen und einer Fahrzeuglänge von 5,50 Metern ist der Koloss wendig, wie man es nicht erwartet hätte. Durch die intelligente Allradlenkung reduziert sich der Wendekreis von 13,5 auf 11,3 Meter. Und auch wenn der Hummer elektrisch unterwegs ist – die Vorderachse lässt sich elektronisch sperren und hinten arbeiten beim Topmodell ohnehin jene zwei separate Elektromotoren, die einzeln angesteuert werden können.
Jeep Recon wartet mit Elektro-Variante auf
Bei Jeep warten viele bereits auf den neuen Recon, eine elektrische Offroad-Version des bekannten Wrangler, der im Gelände keine Grenzen kennen soll. Marktstart für den rustikalen Klettermaxen, der sich wie sein Verbrenner-Bruder Dachteile und Türen abnehmen lässt: wie beim Mercedes EQG im Jahre 2024. Jeep-CEO Christian Meunier: „Der neue, vollelektrische Jeep Recon ist in der Lage, den mächtigen Rubicon Trail, eine der anspruchsvollsten Offroad-Strecken in den USA, zu überqueren und das Ende der Strecke mit genügend Reichweite zu erreichen, um zurück in die Stadt zu fahren und aufzuladen.“
Bleibt allein das Problem mit dem Nachladen, denn auch wenn die meisten Offroader nur im urbanen Dschungel bewegt werden, zieht es den ein oder anderen Geländewagenjünger doch ins mehr oder weniger harte Gelände. Hier verbrauchen die Elektromotoren nicht nennenswert mehr Energie als die Fahrzeuge mit Benzinmotoren. Im Gegenteil: dort, wo ein Verbrenner sich mit erhöhter Drehzahl den Pfad heraufkämpft, braucht das elektrische Gegenüber nicht derart viel Power, die verpufft. Geht es wieder bergab, kann kräftig rekuperiert werden und so gelangt einiges der verbrauchten Energie zurück ins bestens geschützte Akkupaket.
Modelle wie der GMC Hummer EV oder der Rivian R1T haben daher nicht nur stattliche Akkupakete im Unterbauch, sondern auch stattliche Ladetempi – gerne mit 800-Volt-Technik, die beispielsweise den Rivian in knapp 20 Minuten um 220 Kilometer erstarken lässt. Immens wird der Verbrauch allein bei hohen Geschwindigkeiten oder dem Ziehen eines Hängers, was für viele Nutzer gerade in Europa einen nennenswerten Kaufgrund darstellt. Hier kommt an die Effizienz eines Dieseltriebwerks nichts heran. Vorbei sein dürfte es mittelfristig jedoch mit bezahlbaren Modellen. Die neuen Geländetänzer mit Elektromotor werden sich aus den Regionen eines Suzuki Jimny oder des ausgelaufenen Land Rover Defender deutlich verabschieden. Hier hilft der Fans nur der unwegsame Pfad ins Gebrauchtwagenlager. Das gilt auch für Tourenfahrer, denn mit einem Elektromodell ist in abgelegenen Regionen der Welt kaum etwas zu holen.
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