Europa: Gewinnt die Untere Mittelklasse an Bedeutung?
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2022 war das Jahr der Elektro-SUV und E-Crossover in Europas Elektroauto-Markt. Auch 2023 scheint der Absatz in diesem Segment weiter zu wachsen. Doch der Siegeszug könnte bald ein wenig gebremst werden, E-Autos der unteren Mittelklasse sei Dank. Wir haben die Lage am Markt betrachtet.
VW ID.3 und MG4 Electric beflügeln Absatz der untere Mittellkasse
Während der Anteil der SUV/Crossover am regionalen Markt für Elektro-Neuwagen im ersten Quartal dieses Jahres bei 59,3 Prozent lag, konnten die Fahrzeuge der Unteren Mittelklasse aufholen. Wenn auch eher auf niedrigem Niveau. 12,1 Prozent Marktanteil konnten diese Fahrzeuge bis Ende des ersten Quartals für sich beanspruchen. Der positive Marktauftritt von MG und die Rückkehr des ID.3, dessen monatlicher Absatz zum ersten Mal seit einem Jahr höher war als der des ID.4, lassen Hoffnung auf weiteres Wachstum aufkeimen. Da die Produktion des ID.4 nun im Werk Emden angelaufen ist, wurden Produktionskapazitäten für die anderen MEB Modelle, die in Zwickau hergestellt werden, wieder verfügbar.
Positiv zahlt auch darauf ein, dass die Markteinführung des Cupra Born (37.300 Einheiten im rollenden 12-Monats-Zeitraum) abgeschlossen ist und das rollende ID.3-Volumen im 12-Monats-Zeitraum wieder in Richtung 60.000 Einheiten steigt (ein Facelift ist in Vorbereitung). Durch den MG4 Electric erhält das Segment weiteren positiven Rückenwind.
Das aus nur vier Modellen bestehenden Basic-Angebot wird wahrscheinlich das letzte sein, das die Preis- und Gewinnparität mit einem Verbrenner-Fahrzeug des gleichen Sektors erreicht. Was auch erklärt, warum Hersteller in diesem Segment eher nicht Fuß fassen wollen. Eine breitere Umstellung auf LFP-Batterietechnologie für Einstiegsmodelle könnte helfen. Dacia, der dominierende Branchenführer, mit einem Anteil von mehr als der Hälfte (54 Prozent) des Sektors ausmacht, überzeugt auch im ersten Quartal weiterhin. Dabei wurde jeder zweite Dacia Spring im Heimatland Frankreich zugelassen.
Kleinwagen-Segment wird durch Stellantis und Renault dominiert
Im Bereich der Kleinwagen setzen sich vor allem die Modelle von Stellantis und der Renault-Gruppe stark ab. Gemeinsam machen diese 98,4 Prozent des gesamten Absatzes in diesem Segment aus. Wobei der Honda E und der Funky Cat von ORA die Ausnahme bilden. Knapp die Hälfte (42,3 Prozent) dieser Modelle landete auf französischen Straßen. Es mag überraschen, dass Frankreich kein ursprünglicher Zielmarkt für ORA ist. Da Frankreich Firmenwagenfahrern nur wenige Vergünstigungen und großzügige Kaufsubventionen (bzw. hohe Abgaben auf Verbrenner) bietet, ist es einer der einzigen großen Märkte, auf dem der E-Auto-Markt stark auf den privaten Markt ausgerichtet ist.
Diese Fahrer werden in einigen Städten durch die Verschärfung der sogenannten Crit’Air-Normen faktisch von den Straßen mit älteren Fahrzeugen verdrängt. Sie steigen zunehmend auf sogenannte Crit’Air 0 (0g/km) Modelle um, die in Großstädten von Gebühren und Verboten befreit sind. Da Renault seinen Schwerpunkt vom Zoe auf den Mégane-E-Tech verlagert hat, hat der Sektor gelitten, obwohl der Fiat 500e und andere Stellantis-Modelle wie der 208e von Peugeot ihn kurzzeitig über Wasser hielten. Der VW-Konzern plant den Einstieg in dieses Segment nicht vor 2025 auf der Basis einer MEB+-Plattform für unter 25.000 Euro (mit LFP). Mit der Euro-7-Gesetzgebung und den LFP-Batterien würde sich die Preisparität hier ab 2026 verringern. LFP-Batterien und Skalierung werden die Preise senken, während die Euro-7-Gesetzgebung die Verbrenner-Preise nach oben treiben wird.
Obere Mittelklasse kaum Einfluss auf Europas E-Automarkt
Die obere Mittelklasse spielt derzeit in Europa kaum eine Rolle. Was daran liegt, dass diese nur durch unter anderem den VW ID.7 sowie den Hyundai Ioniq 6 vertreten ist. Dennoch taugen diese durchaus als Alternative am Markt und könnten hierdurch künftig Marktanteile für sich beanspruchen. Das am stärksten konzentrierte Segment, das aus vier Modellen besteht (Polestar 2, Tesla Model 3, Xpeng P5 und BMW i4), das Near-Executive-Segment, erfuhr einen leichten Aufschwung auf 8 Prozent Marktanteil. Weiteren Aufwind könnte hier der Nio ET5 geben, welcher im Laufe des Jahres erscheinen soll. Der Sektor ist stark stark von der Verschiffung aus China und zyklischen Liefermustern abhängig. Die Modelle von Polestar, Tesla- und Nio-Modelle werden alle in China hergestellt und ausgeliefert.
Im sogenannten Executive-Segment (Anteil von 1 Prozent am Gesamtmarkt) sind ebenfalls vier Modelle vorzufinden: Mercedes EQE, Nio ET7, XPeng P7 und Genesis G80. Der Sektor befindet sich noch in den Kinderschuhen. Was bei einem Marktanteil von 0,9 Prozent auch recht schnell ersichtlich wird. Weitere Modelle werden von der VW-Gruppe erwartet, die auf der PPE-Architektur basieren. Eine reine Elektro-Version der 5er-Reihe von BMW wird in diesem Jahr in Dingolfing in Produktion gehen.
Im Luxus-Segment sind an sich vier Modelle eingeordnet. Allerdings kann man die Absätze des einst sehr gefragten Tesla Model S mittlerweile schon fast an einer Hand abzählen. Entscheidender sind die anderen Drei: Porsche Taycan (4400 Einheiten) und Audi e-tron GT (1280 Einheiten). Auch der EQS von Mercedes kommt mit 1840 Einheiten an Europas E-Automarkt gut an. Die Auslieferungen des i7 von BMW haben noch im Jahr 2022 begonnen und brachten es bis Ende März 2023 auf 580 abgesetzte Einheiten.
Quelle: Matthias Schmidt – European Electric Car Monthly Market Intelligence Q1/2023
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