Fahreindrücke des elektrifizierten Porsche Panamera
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Die Überarbeitung des Porsche Panamera ist umfassend wie selten. Der Höhepunkt ist das aktive Fahrwerk, das sich sogar Unebenheiten merken kann. Auch der Plug-in-Hybrid wird merklich aufgerüstet. Wir haben eine erste Testfahrt in einem Prototyp unternommen und waren begeistert.
Bei Porsche lautet eine eherne Regel seit einigen Jahren: Wer C wie Cayenne sagt, muss auch P wie Panamera sagen. Schließlich teilen sich das SUV und die Limousine neben der Technik den Anspruch, das sportlichste Fahrzeug im Segment zu sein. Dazu passt, dass der Panamera für die Entwickler seit jeher im Grunde ein viertüriger Neunelfer ist. Der Marsch im Gleichschritt geht auch am Vorabend des Umstiegs zur Elektromobilität weiter. Wie das SUV bekommt auch der Panamera Anfang nächsten Jahres eine umfassende Modellpflege spendiert, die den Familiensportler bis zum Ende des Jahrzehnts frischhalten soll.
Innovationen im Fahrwerk und Antriebsstrang
Dementsprechend tiefgreifend sind auch die Veränderungen. Zumal Porsche mit dem Panamera eine Symbiose aus Luxus, Komfort und natürlich Dynamik umsetzen will. Ein solcher Tanz auf drei Hochzeiten ist alles andere als trivial. Also drehen die Zuffenhausener Techniker einiges auf Links und reißen mit den Versuchsfahrzeugen etliche Kilometer herunter, damit die umfassende Modellpflege auch ein Volltreffer wird. Wir sitzen am Steuer eines Prototyps des vorläufigen Topmodels Panamera Turbo E-Hybrid, der mit einer Kombination aus stärkerer E-Maschine und V8-Motor mindestens 478 kW / 650 PS erreichen soll und damit den Turbo S ersetzt. Der Clou ist das Fahrwerk, bestehend aus einer Einkammer-Luftfeder, kombiniert mit einer aktiven Dämpferregelung, das dieses Modell vorläufig exklusiv bekommen soll.
Das Prinzip ähnelt dem des ABC-Fahrwerks, mit dem der Mercedes SL vor 20 Jahren für Aufsehen sorgte, bei dem hydraulische Dämpfer die Bodenunebenheiten ständig ausgleichen, so die Karosserie stets waagrecht halten und so das Nicken (beim Bremsen) sowie Wanken (in den Kurven) minimieren. Natürlich ist die Porsche-Variante deutlich ausgereifter als das der Mercedes Roadster (R230) war. Also ist jeder Dämpfer mit einer separaten Hydraulikpumpe versehen, die den Bewegungen des Aufbaus sofort entgegenwirkt, sobald der Radsensor Alarm schlägt. Das klappt deswegen so gut, weil die Zug- und Druckstufe des Dämpfers getrennt aktiv regelbar sind. Droht die Karosserie einzutauchen, drückt die Pumpe blitzschnell Hydrauliköl in die Kammer der Dämpfer und hält den Aufbau so gerade. Das passiert an allen vier Rädern und macht so eine 48-Volt-Wankstabilisierung überflüssig. „Rein theoretisch bräuchten wir bei entsprechender Auslegung auch keine Feder mehr“, verdeutlicht Dr. Thomas Friemuth, Baureihenleiter Panamera die Leistungsfähigkeit des Fahrwerks. Die Federn sind dennoch an Bord, um das Auto zu tragen, denn sonst müsste die Pumpe kontinuierlich arbeiten, was mehr Energie benötigt und den Benzinverbrauch nach oben treibt.
Die Luftfeder erfüllt noch einen zweiten Zweck: Beim Ein- und Aussteigen fährt die Karosserie 55 Millimeter nach oben und erleichtert das Entern des Panameras. Andersherum funktioniert das System ebenfalls. Bei der Tieferlegung der Karosserie in Fahrprogrammen wie Sport plus verrichten die Dämpfer ihre Arbeit ebenso gründlich.
Wir lassen uns nicht lumpen und jagen den viertürigen Porsche mit Karacho über Schlaglöcher, die das Fahrwerk fast komplett wegbügelt. Auch ein kurzer Offroad-Ausritt bringt den Panamera nicht aus der Ruhe und liegende Schutzmänner (Bremsschwellen) verlieren in einem solchen Maße den Schrecken, dass man sogar mit 50 km/h darüber brettern kann, ohne dass der Beifahrer seinen Kaffee malerisch im Interieur verteilt. Beeindruckend. Dieser Komfort-Punkt kann im Lastenheft schon mal abgehakt werden, obwohl wir mit den 21 Zoll Reifen unterwegs sind, die jeden Kieselstein und jede Querrinne unerbittlich melden. Gerade bei solchen kurzen Anregungen stößt sogar das Hydraulik-System an seine Regel-Grenzen.
Für Pendler hält dieser Panamera Turbo E-Hybrid ein Schmankerl parat: Auf Wunsch kann man die Geo-Position von Straßenunebenheiten speichern, das Fahrwerk merkt sich das und agiert prophylaktisch. Eine vorausschauende Kamera hat der Porsche nicht an Bord.
Zeit, sich um die Dynamik zu kümmern. Eine Kurve jagt die nächste. Der Panamera Turbo E-Hybrid ist mit einem Gewicht von gut 2.350 Kilogramm alles andere als ein Leichtgewicht, meistert aber die Ecken gut. Dass das Auto noch einen letzten Schliff braucht, merkt man an der Lenkung, die aus der Mittellage etwas verzögert anspricht (was komfortbetonte Fahrer goutieren dürften) und zu wenig Rückmeldung gibt. Sprich: Zu wenig „porschig“ ist. Die Bremse überzeugt uns, könnte lediglich einen Schuss exakter zu dosieren sein. Der Antriebsstrang hat Power im Überfluss und prügelt den Panamera mit einem maximalen Drehmoment von etwa 900 Newtonmeter nach vorne. „Das lässt uns noch etwas Luft nach oben für den Turbo S“, schmunzelt Thomas Friemuth.
Elektrifizierung und Optimierung des Antriebs
Auch beim Antriebsstrang hat sich einiges getan. Die Batterie hat jetzt wie beim Cayenne eine Kapazität von 25,9 Kilowattstunden (vorher 17,9 kWh), was eine Reichweite von mehr als 85 Kilometer garantieren soll, aber auch 30 Kilogramm mehr ins Auto packt. Der später folgende Sechszylinder Plug-in-Hybrid soll sogar die 90-Kilometer-Grenze knacken. Die Elektromotor-Getriebe-Einheit ist ebenfalls komplett neu. Die E-Maschine ist jetzt ein sogenannter Innenläufer (innen liegenden beweglichen Rotor), hat ein deutlich geringeres Massenträgheitsmoment, ist deswegen dynamischer, baut kompakter und ist direkt in das Getriebe integriert. Dadurch wird die E-Maschine durch den Ölkreislauf des Getriebes „mitgekühlt“ und damit effizienter, da das Öl direkt den Elektromotor umfließt. Bei der bisherigen Wasserkühlung war das logischerweise nicht möglich (Stichwort: Korrosion). Damit ist der Elektromotor standfester, „Wir sind rein elektrisch einen Pass hochgefahren, ganz ohne Leistungseinbußen“; erzählt Arno Bögl, Projektleiter Antrieb beim Panamera. Deswegen steigt auch die Dauerleistung von 45 kW / 61 PS auf 80 kW / 109 PS. Maximal sind es 140 kW / 190 PS statt bisher 100 kW / 136 PS. Die batterieelektrische Höchstgeschwindigkeit beträgt 140 km/h.
Nicht nur der Elektromotor erhält eine Vitaminspritze, auch der Achtzylinder wird aufgepäppelt. Ein Grund ist, dass die Porsche-Techniker den Motor für die Abgasnorm Euro 7 entwickelt haben. Mit den bisherigen TwinScroll-Turboladern erwärmte sich der Katalysator nicht schnell genug, also wechselte man auf zwei klassische Turbolader. Im Zusammenspiel mit dem PHEV-Modul kann man so eine Antrittsschwäche kaschieren.
Die innermotorischen Maßnahmen gehen noch weiter. Der Einspritzdruck steigt auf 350 Grad und der im Brennraum auf 140 Grad aufgrund der optimierten Verbrennung. Also musste man Kolben und Pleuel verstärken. Auch die Kurbelwelle ist neu. Apropos: Die Porsche-Tüftler haben herausgefunden, dass eine „leichte“ Verbrennung effizienter ist, als die Töpfe komplett abzuschalten. Deswegen öffnen bei wenig Last die Ventile von vier Zylindern nur ein Stück weit, um ein den Brennraum teilweise mit einem Luft-Treibstoff-Gemisch fluten zu lassen.
Ab Anfang kommenden Jahres steht der Panamera beim Händler. Als Alternative zu dem kräftigen PHEV-Turbo hat Porsche zunächst noch einen Basis-Sechszylinder mit rund 257 kW / 350 PS, den es auch mit Hinterradantrieb gibt. Bei der Erprobungsfahrt schlug sich dieser Panamera gut, vor allem die rund 400 Kilogramm weniger Gewicht als beim Turbo E-Hybrid machen sich in Kurven beim Einlenken und Herausbeschleunigen positiv bemerkbar. Auch die Abstimmung der beiden Turbolader ist gelungen. Der Antritt und das Durchbeschleunigen sind geschmeidig. Allerdings hat dieser Panamera nicht das aktive Fahrwerk. Das bleibt zunächst dem Panamera Turbo E-Hybrid vorbehalten. Die Basisvariante bekommt das semi-aktive Fahrwerk des aktuellen Porsche Cayenne mit Zweikammer-Luftfeder und zweifach regelbaren Dämpfern. Das hat uns im SUV gefallen und daran ändert sich auch im Panamera nichts.
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