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Zukunft der Reifen: Hankooks Vision 2030

Zukunft der Reifen: Hankooks Vision 2030

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Im gemeinsamen Gespräch mit Klaus Krause, Vizepräsident und Leiter des European Technical Centers von Hankook Tire, haben wir über die spezifischen Herausforderungen und Innovationen bei der Entwicklung von Reifen für Elektrofahrzeuge gesprochen. Hankook Tire, ein weltweit führendes Unternehmen im Reifensegment, ist bekannt für seine Expertise in PKW- und LKW-Reifen sowie im Rennsport. Mit dem European Technical Center in Hannover spielt Hankook eine zentrale Rolle in der Forschung und Entwicklung neuer Reifenprodukte.

Krause betonte die Notwendigkeit, dass Hankook frühzeitig auf die Besonderheiten von Elektrofahrzeugen reagierte. Im Gegensatz zu herkömmlichen Fahrzeugen erfordern Elektroautos spezielle Reifen, die den unterschiedlichen Spezifikationen und Charakteristika gerecht werden. Die iON-Reifenserie von Hankook zielt dabei insbesondere auf Premium-Elektrofahrzeuge ab.

Die Zusammenarbeit mit Fahrzeugherstellern ist ein wesentlicher Aspekt der Reifenentwicklung. Hankook entwickelt und passt Reifen speziell für verschiedene Fahrzeugmodelle an, wobei die Anforderungen je nach Fahrzeugtyp variieren. Dieser Prozess umfasst die Berücksichtigung von Faktoren wie Gewicht, Performance und Rollwiderstand. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, investiert das Unternehmen in hochwertige Materialien und spezielle Polymere.

Ein zentrales Thema in Krauses Ausführungen war die Nachhaltigkeit. Hankook hat sich das Ziel gesetzt, bis 2030 Reifen mit einem Nachhaltigkeitsanteil von 60 % zu produzieren. Dies beinhaltet die Verwendung nachhaltiger Materialien und die Berücksichtigung des gesamten Produktlebenszyklus. Die Nachhaltigkeit spiegelt sich nicht nur in den Produkten selbst wider, sondern auch in der gesamten Herstellungskette. Im Detail versteht dies Krause besser zu erläutern. Auch, warum sich spezielle E-Autoreifen auf die Reichweite positiv auswirken.

Gerne kannst du mir auch weitere Fragen zur E-Mobilität per Mail zukommen lassen, welche dich im Alltag beschäftigen. Die Antwort darauf könnte auch für andere Höre:innen des Podcasts von Interesse sein. Wie immer gilt: Über Kritik, Kommentare und Co. freue ich mich natürlich. Also gerne melden, auch für die bereits erwähnten Themenvorschläge. Und über eine positive Bewertung, beim Podcast-Anbieter deiner Wahl, freue ich mich natürlich auch sehr! Danke.

Transkript zu Hankook setzt auf High-Tech-Materialien für E-Autoreifen

Sebastian

Hallo Klaus, vielen Dank, dass du dir heute die Zeit nimmst, dass wir uns ein wenig über das Thema Elektroauto-Reifen unterhalten. Da bist du ja Experte schlechthin dafür. Damit die Zuhörer:innen auch wissen, warum du der Experte dafür bist, für das Thema Elektroauto-Reifen, stell dich doch gerne mal selbst vor und auch das Unternehmen, für das du tätig bist.

Klaus Krause

Mein Name ist Klaus Krause, ich bin Leiter des European Technical Centers von Hankook Tire in Europa. Meine Funktion ist die des Vizepräsidenten und Leiter des European Technical Centers von Hankook Tire. Ich glaube, jeder kennt Hankook aus dem PKW-Segment für Reifen, LKW-Segment, aber auch für unsere Racing Activities weltweit.

Koreanisches Unternehmen, weltweit Nummer sechs zurzeit, und hat eben seit 1997 das European Technical Center in Hannover als Unterstützung für unseren R&D-Center in Korea, in Daejeon. Wir sind hier knapp 100 Mitarbeiter mit dem Standort in Hannover, einem Standort in Spanien, im Prüfgelände IDIADA, und haben eine sehr wichtige Mannschaft, Team, am Werk selber für die Realisierung unserer wirklich hochwertigen Produkte.

Sebastian

Du hattest ja jetzt schon ausgeführt, ihr seid eben im PKW-Bereich vor allem unterwegs. Natürlich kennt man euch da auch. Jetzt müsst ihr euch wie andere … Ich sage mal, wie die Hersteller sich mit dem Antriebswandel beschäftigen müssen, müsst ihr euch auch als Reifenhersteller mit dem Antriebswandel beschäftigen.

Und da ist ja E-Mobilität nicht nur in aller Munde, sondern mittlerweile auch gut auf der Straße zu sehen. Und kannst du uns da ein Stück weit abholen, seit wann ihr euch mit E-Mobilität beschäftigt und seit wann ihr auch den Weg gegangen oder eingeschlagen habt, eben speziell für Elektroautos Reifen zu entwickeln und auf die Straße zu bringen?

Klaus Krause

Eigentlich, mit der, sage ich mal, mit der Weiterentwicklung der Elektrofahrzeuge zum Massenprodukt, so muss man es inzwischen ja sagen. Und der mobile Trend lässt sich ja nicht mehr aufhalten. Wir sehen es, wie du nun sagst, tagtäglich auf den Straßen. Es gibt immer mehr Modelle. Es gibt verschiedenste Modelle von Kleinwagen bis zur Luxuslimousine. Und der Trend ist klar nicht mehr unumgänglich.

Das heißt, wir als Hankook sind frühzeitig in diese Entwicklung gestartet, haben die Notwendigkeit gesehen, dass ebendiese Elektrofahrzeuge von der Spezifikation der Fahrzeuge und deren Charakter einfach anders ist als der normale Verbrenner. Und daher hat Hankook dort spezifisch den Fokus auf die, sage ich mal, Premiummarken und höherwertigen Autos mit hoher Leistung relativ frühzeitig begonnen und hat, sage ich mal, den Fokus mit seiner iON-Baureihe auf diese Fahrzeuge gelegt.

Sebastian

Dabei spielt es ja auch eine Rolle, dass ihr als sogenannter Reifen-Erstausrüster bei verschiedenen Herstellern gesetzt seid für verschiedene Modelle. Magst du uns da ein Stück weit abholen, wie denn da die Zusammenarbeit funktioniert, wann ihr damit einsteigt und wie ihr dann eben speziell auch vielleicht für diese Modelle Reifen entwickelt oder zumindest anpasst?

Klaus Krause

Der klassische Fall ist eben, dass die Hersteller auf uns als Hankook zugehen, sogenannten RFQs. Das heißt, es ist eine Angebotsabfrage da, über die Hankook in diesen Markt einsteuern kann. Hankook ist inzwischen bei allen Herstellern, von kleinen bis Premiumherstellern, vertreten und daher bei jeder Anfrage eigentlich auch damit vorgesehen, als Lieferant einzutreten.

Dabei wird eben festgelegt von den Fahrzeugherstellern, was spezifisch sie für den Reifen fürs Fahrzeug haben wollen, welche spezifischen Anforderungen hier gefordert sind. Und daher hat Hankook erst mal dort schon einen geringen Einblick und kann eben auch mit dem Fahrzeughersteller dann gezielt für das Fahrzeug den Reifen entwickeln.

Sebastian

Das heißt im Umkehrschluss aber auch, es gibt nicht diese eine Lösung für jedes Fahrzeug, sondern ihr geht gezielt rein und werdet da natürlich einen Unterschied machen müssen, wenn das jetzt etwa ein Kleinwagen ist und vielleicht das ganz andere Ende, Sportwagen.

Klaus Krause

Ganz genau. Also insbesondere, wenn wir jetzt auf die, sage ich mal, auch Motoren für die höherwertigen E-Motorfahrzeuge gehen, haben die eben auch wie die Verbrennerfahrzeuge die höheren Leistungen, haben höhere Gewichte. Und hier kommen viel mehr, sage ich mal, spezifische Eigenschaften des Elektrofahrzeugs zur Geltung, als wenn ich auf den Kleinwagen schaue.

Sebastian

Diese Entwicklungsansätze, die ihr jetzt ja auch gelernt habt oder zusammen immer noch erlernt, mit den Herstellern an sich, könnt ihr die dann eben auch transferieren, auf normale Reifen, die eben nicht als Erstausrüster gesetzt werden, sondern eben auch im Handel danach, wie ich sie jetzt beispielsweise auch holen könnte, wenn ich einen neuen Winterreifen bräuchte?

Ganz genau. Also wir gehen als erstes Mal, werden diese Reifen für die Fahrzeuge, für die OEMs, für die Erstausrüstung bei den Fahrzeugherstellern genutzt. Das gilt dann aber auch für den Reifen im Spezifischen für den Ersatzmarkt. Sie sind dann genauso verfügbar für jedes spezifische Fahrzeug, sind dann aber in Serie später auch im Ersatzmarkt als, sage ich mal, allgemein mit diesen Charaktereigenschaften verfügbar.

Sebastian

Du hast ja jetzt eben auch schon gesagt in dem Satz zuvor, dass es spezielle Anforderungen gibt für Elektroauto-Reifen. Thema Gewicht, Thema Performance. Was auf die Straße gebracht wird, sind das so die treibenden Punkte dafür, warum ihr auch als Hankook speziell Reifen dafür entwickelt? Oder gibt es noch andere Gründe dafür, warum man eben diesen Weg eingeschlagen hat?

Klaus Krause

Zum einen ist ja, sage ich mal, der Standardreifen selber ist ja schon sehr hohen Anforderungen … Hat er jetzt zu erfüllen. Das heißt, wir brauchen auch für die heutige Gesetzgebung für möglichst wenigen Kraftstoffverbrauch einen niedrigen Rollwiderstand. Bei einem Verbrenner macht sich das zum einen ein wenig bemerkbar.

Für ein Elektrofahrzeug ist das ein ganz anderes Thema. Das heißt, mit jedem gewonnenen Kilometer habe ich mehr Reichweite, habe ich mehr oder später eine Nachladung notwendig. Das heißt, ein niedriger Rollwiderstand ist das A und O für ein Elektrofahrzeug. Das ist der erst ausschlaggebende Punkt. Und auch da muss man sagen, sind einfach die Anforderungen der Hersteller sehr hoch.

Sebastian

Wie schaut das für euch in der Praxis aus? Ich meine, mir als Endkunde ist es egal, was ihr dafür getan habt, sozusagen. Ich will ja nur das Ergebnis spüren – mehr Reichweite bekommen. Für euch geht das ja bestimmt mit entsprechenden Herausforderungen einher, die ihr erfüllen müsst, in der Materialzusammensetzung, in der, ich sage mal, vielleicht in dem Aufbau des Profils der Reifen. Kannst du uns da ein Stück weit abholen, was ihr macht, um eben diese Produkte an den Start zu bringen?

Klaus Krause

Ganz genau. Also die Produkte erfordern einfach ganz neue Materialien zum Teil. Das heißt, ich muss sehr, sehr hochwertige Materialien verwenden. Ich muss ganz spezifische Polymere einsetzen, einen sehr hohen Silica-Anteil in den Reifen haben, damit ich eine möglichst gute Laufflächenmischung habe, die entsprechend einen sehr niedrigen Rollwiderstand gewährleistet, zum anderen aber eine sehr gute Haftung auf dem Boden gewährleistet.

Das ist das Gleiche, weil ein niedrigen Rollwiderstand zu realisieren, ist. Habe ich dann aber nicht die Möglichkeit, diese hohen Drehmomente der Fahrzeuge auf die Straße zu bringen. Und jeder, der ein Elektrofahrzeug mal wirklich das Gaspedal durchgetreten hat, weiß, was da passiert.

Das ist nicht vergleichbar mit einem verbrennungsangetriebenen Fahrzeug. Hier spezielle Naturharze einzusetzen, war unheimlich notwendig und bedeutet aber auch eben, hier ist der Einsatz teurer und wirklich hochwertige Materialien notwendig.

Sebastian

Ich meine mich zu erinnern, zumindest war das aus dem Workshop im vergangenen Jahr noch so, dass ihr euch da immer in so einem Dreieck bewegt. Du hast jetzt schon mal Rollwiderstand, Drehmoment, genannt, in dem ihr unterwegs seid. Da gab es noch einen dritten Punkt, glaube ich, den ihr auch mit berücksichtigen müsst.

Klaus Krause

Ja, ich glaube, das Dreieck reicht dann nicht mehr ganz, weil ich möchte ja auf jeden Fall die Sicherheit des Reifens weiterhin gewährleistet habe. Das heißt, ich kann nicht darauf verzichten, dass die Nasshaftung und die Bremswege somit kürzer oder in diesem Fall länger werden. Dieses Dreieck muss ich auf jeden Fall aufrechterhalten.

Gleichzeitig, wenn wir über die Elektrofahrzeuge sprechen, sprechen wir über auch irgendwo … Das hat ja seinen Grund, warum Elektrofahrzeuge, wir wollen die Umwelt schonen. Das heißt, auch die Reifen müssen auf Dauer eine höhere Laufleistung haben. Und auch das muss bei der Auswahl der compounds und der Materialien, insbesondere aber auch im Profil dann berücksichtigt werden.

Sebastian

Jetzt habt ihr dann eben in der Theorie oder auch in der Praxis natürlich diese Felder, in denen ihr euch da bewegt. Wie geht das dann vonstatten? Wie wird so ein Reifen entwickelt? Wie wird er produziert, getestet? Also gibt es da so einen Ablauf, den ihr verfolgt?

Klaus Krause

Ja, also es ist generell so, dass wir parallel diese Reifenentwicklung für den Ersatzmarkt und für die Erstausrüstung … Das heißt, der Reifen wird generell für den Ersatzmarkt vorangetrieben durch die Erstausrüstung. Sprich, wir haben verschiedene Premiumhersteller, für die wir die Reifen entwickeln, wir kennen deren Targets. Mit diesen Targets gehen wir in die Entwicklung, parallel zur Fahrzeugentwicklung.

Und haben während dieser Phase, sage ich mal, die Vorabtests, die natürlich in den Laboren laufen, aber gleichzeitig dann mit den Reifen in die Entwicklung der Fahrzeughersteller gehen, von der virtuellen Entwicklung über die reale Entwicklung bis auf die Tests, die dann eben mit den Kunden zusammen erfolgen, bis hin zu Serienfreigaben.

Sebastian

Die Targets, die du jetzt eben erwähnt hast, das sind dann aber nicht die Absatzzahlen, sondern es sind die Anforderungen an die Reifen, oder?

Klaus Krause

Du sprichst hier mit Ingenieuren und die Ingenieure sind immer die, die sich erst mal nicht, sage ich mal, für die Kosten in erster Linie interessieren. Sie wissen, dass sie auch wichtig sind und sie im Kopf, Hintergrund, behalten müssen. Für uns geht es erst einmal um wirklich die Targets des Fahrzeugs, die Targets für den Reifen spezifisch für das Fahrzeug zu erfüllen. Und dann zu schauen, wie lässt sich der Reifen dann noch in einem Maße produzieren, das ja auch noch wirtschaftlich ist?

Sebastian

Mit der Entwicklung von diesen Reifen, du hast gesagt, es gibt neue Produkteigenschaften, die erfüllt werden müssen, die je nach Fahrzeug eben unterschiedlich sind. Hast aber auch schon das Thema Laufleistung, damit auch Nachhaltigkeit der Reifen angesprochen. Spiegelt sich diese Nachhaltigkeit auch in veränderten Grundrohstoffen wider, die hier zum Einsatz kommen, die bei einem Verbrenner beispielsweise nicht zum Einsatz kommen, weil eben auch dieser grüne Pfad beschritten werden soll?

Klaus Krause

Das ist auf jeden Fall der Fall, weil das … Man muss es mehr sehen, es ist alles eine Kombination heutzutage. Man entwickelt sozusagen nicht mehr neue Stoffe mit dem gleichen Hintergrund wie in der Vergangenheit. Also Materialien sollen mehr und mehr aus der Nachhaltigkeit gewonnen werden. Der sustainable Reifen ist im Vordergrund. Wir sind alle dazu verpflichtet, bis 2050 eigentlich Carbon-neutral zu produzieren. Das ist das langfristige Ziel.

Unser kurzfristiges Ziel ist eben, bis 2030 sage ich mal, die ersten Etappen zu haben, die nach Entwicklung, je nach Reifen ein sustainable Reifen bis zu 60 % bis 2030 auf die Straße zu bringen. Hier sind wir ganz klar im Fokus, immer wieder Materialien zu bringen, zu suchen, die wir aus Nachhaltigkeit, sage ich mal, herstellen können.

Auch das hat natürlich einen Einfluss. Auch das ist natürlich zum einen gesetzlich vorgegeben. Auf der anderen Seite sind wir natürlich als innovatives Unternehmen daran interessiert, diese Grenzen weit zu verbessern.

Sebastian

Das heißt, es wird also auch schon bei der Vergabe von den Herstellern darauf geschaut, was ihr für ein CO₂-Fußabdruck mit daher bringt. ION-Marktbegleiter, ist das ein Entscheidungskriterium mittlerweile?

Klaus Krause

Ja, das ist ein Entscheidungskriterium, das ist eine Voraussetzung, hier auch in den Lieferketten dies deutlich zu zeigen. Hankook hat sich, wie man auch an zwei Werken jetzt schon sieht, auch dazu verpflichtet, über diese Grenzen hinauszugehen.

Das Werk in Ungarn, wo der Großteil unserer Reifen für unsere Fahrzeuge aus Europa oder für die europäischen Hersteller produziert werden, ist ISCC-PLUS-zertifiziert. Das heißt, es ist ein weltweit anerkanntes Zertifikat für sustainability und Carbon-Dioxid. Und das zeigt eben, welchen Wert Hankook selber auf diesen Nachhaltigkeits-Index legt.

Das heißt, das gilt ja nicht nur für die Produkte, sondern auch für den gesamten Produktzyklus. Was immer wichtiger wird, dass man nicht nur sagt, dass der Reifen von den Materialien, sage ich mal, Carbon-neutral wird, sondern die gesamte Herstellung.

Sebastian

Das stimmt schon mal, dass man da tatsächlich den ganzen Lebenszyklus betrachten muss. Das ist schon mal wichtig und richtig, dass ihr das angeht, sozusagen. Die Frage ist für mich nur: Hat die Produktion den größeren Anteil in Bezug auf den CO₂-Fußabdruck oder sind es dann doch die Rohstoffe, wo ihr eben auch auf die Zuarbeit von Vorlieferanten angewiesen seid?

Klaus Krause

Das ist, ich sage mal, wirklich der Mix. Der Mix aus beidem. Es lässt sich sozusagen das eine nicht losgelöst vom anderen sehen. Ich kann nicht Carbon-neutral produzieren, wenn ich die Lieferkette davor auch nicht dazu verpflichtet habe, ebenfalls darauf zu achten und dieser Gesetzgebung auf der anderen Seite, aber auch die Zertifikate einzuhalten.

Erst dann kann ich sagen: Mein Produkt, was ich nachher auf die Straße bringe, was dann wiederum dort möglichst wenig Emissionen hat, diese ganze Kette muss berücksichtigt werden.

Sebastian

Berücksichtigt ihr auch das Thema … Also bei Batterien kenne ich, da spielt ja Recycling, Second Life, eine Rolle. Recycling oder Second Life von Reifen ist jetzt ein wenig schwierig, wenn sie mal abgefahren sind vom Profil her. Dann kann ich die ja nicht mehr mit guten Gewissen einsetzen. Besteht die Möglichkeit, Altreifen zu recyceln und dann eben auch in neue Reifen einzubringen?

Klaus Krause

Das passiert im heutigen Fall jetzt schon, dass Altreifen immer mehr, sage ich mal, in verschiedensten Formen eingebracht werden, ob es über Carbon Black ist, oder ob das über wiedergewonnene Öle ist. Auch dort ist die Zulieferindustrie, die uns die Materialien entwickelt, sehr stark involviert heutzutage, die Altreifen zu nutzen.

Und auch das ist ja ein Ziel, dass wir in Zukunft eine komplett hundertprozentige Rückabwicklung der Produkte haben. Das gilt für einen Reifen wie andere Ketten, wo man sagt: Man hat ein Produkt, was man nicht einfach nur verbrennen möchte, sondern wieder in den Zyklus hineinbringen will.

Sebastian

Darauf habt ihr jetzt ja dann eben nicht so direkten Einfluss. Das kommt ja eher von den Zulieferern, so wie du eben gesagt hast. Ihr habt aber direkten Einfluss auf die Entwicklung und die Produktion der Reifen. Und da gibt es ja auch immer mehr so Schlagwörter, ich sage mal 3D-Druck, künstliche Intelligenz, was man ja auch mit nutzen kann.

Greift ihr auch darauf zurück? Setzt ihr das bei euch mit ein in den Produktionsprozessen oder zumindest in den Entwicklungsprozessen schon?

Klaus Krause

Ja, ich würde gerne ganz kurz auf deinen Satz, den du sagtest, wir haben nicht den Einfluss auf die Zulieferanten. Dem möchte ich ein wenig widersprechen, damit man nicht sagt: Okay, die Reifenhersteller sitzen da einfach und warten auf …

Nein, also auch dort, genauso, wie wir mit den Automobilherstellern den Reifen gemeinsam entwickeln, entwickeln wir auch gemeinsam mit den Zulieferern die neuen Produkte für die Reifen. Das ist notwendig zu sehen, auch da sind sozusagen wir die Treiber der Zulieferer.

Das heißt, wir geben stark vor, was wir an Materialien in Zukunft benötigen, entwickeln diese neuen Produkte mit diesen Zulieferern auch zusammen und machen dort sehr viele Labortests. Das ist eigentlich die Kette, bevor man überhaupt auf den Erstausrüstungs- und Ersatzmarkt-Reifen zugreift. Also dieses Engagement der Reifenhersteller und das ist Hankook, hat da ein riesiges Potenzial in Europa, wird schon sehr stark zurückgegriffen.

Sebastian

Danke, dass du das noch mal klar eingeordnet hast, sozusagen. Das ist schon wichtig. Und dass man das auch sieht, dass ihr euch da selbst in der Verantwortung dafür seht. Bevor wir da jetzt vielleicht dann noch mal auf die anderen Themen zurückkommen, die ich eben angesprochen habe, da noch eine vertiefende Frage hinzu:

Du hast gesagt, ihr habt euch selbst das Ziel gesetzt, bis 2030 ungefähr so einen Nachhaltigkeitsanteil von 60 % zu haben an den Reifen. Was sind denn die letzten 40 %, die so die Herausforderung machen? Weil aus eigener Erfahrung, ich komme aus der Automobilindustrie auch, gerade so die letzten 10, 15, 20 % sind ja immer die, die es richtig schwierig machen.

Was sind dann so die Punkte, die ihr über 2030 dann noch mal verstärkt angehen müsst, um dann eben auch den komplett CO₂-neutralen Reifen auf die Straße zu bringen?

Klaus Krause

Um das komplett CO₂, das heißt wirklich die gesamte Lieferkette im Hintergrund, muss ja, sage ich mal, komplett neutral dargestellt werden. Das heißt, von der Energieversorgung der Werke bis zur Lieferkette, zu den Materialien, zum Werk der Materialien selber. Man muss da eben realistisch sein: Welche Produkte sind bis 2030 verfügbar und welche sind danach verfügbar?

Und zusätzlich kommt dazu, dass eben der Produktionsprozess im Werk umgestellt werden muss. Auch da kann man nicht einfach sagen von heute auf morgen, auch wenn das böse klingt: „Lieber Kunde, dein Reifen wird morgen aus dem und dem Stoff hergestellt, weil wir stellen einfach um.“

Das ist ein Prozess, der muss für Fahrzeuge, die wir bis dahin hergestellt haben, nach und nach gewonnen werden, mit den Herstellern in Verbindung, und eben sozusagen für diese Umstellung eine neue Freigabe bekommen. Daher wird sich das alleine schon auch auswirken.

Sebastian

Und jetzt gehen wir doch noch den Shift dann eben zu modernen, fortschrittlichen, zukunftsgerichteten Produktionen und Entwicklungsschritten, die ich jetzt mal so bezeichnen würde. 3D-Druck, künstliche Intelligenz, kannst du uns da vielleicht mal ein Stück weit abholen, was ihr davon schon nutzt oder einbringt?

Klaus Krause

Ja, die KI ist eindeutig mit involviert in die Entwicklung des Reifens, in der sogenannten virtuellen Entwicklung. Die virtuelle Entwicklung ist inzwischen mehr und mehr der erste Schritt, bevor wir überhaupt den erst-reellen Reifen an den Kunden ausliefern. Dass der Reifen am Bildschirm vorentwickelt wird. Die Kerneigenschaften des Reifens getestet werden virtuell, tatsächlich virtuell.

Und dann als Datenmenge an den Kunden, ich sage mal, der Erstausrüstung geben, dort eine Beurteilung stattfindet und basierend auf deren eigenen Simulation ein Feedback kommt: Ist der Reifen, sage ich mal, in der richtigen Auslegung oder nicht?

Also das ist im Prinzip die Auslegung des subjektiven Fahrverhaltens wie auch Bremswege. So einzelne Faktoren können eben vorab in der Simulation dargestellt werden. Der Kunde kann es beurteilen und dann aufgrund der virtuellen Entwicklung vorab sagen, der Reifen geht tendenziell in die richtige Richtung und wir können basierend darauf unsere Heizform auslegen, Heizform produzieren und damit den ersten Reifen beim Kunden erst vorstellen.

Sebastian

Das heißt, relativ viel findet tatsächlich jetzt schon rein virtuell statt, so wie du gesagt hast. Und erst in einer sehr späten Phase geht man auch in die tatsächliche Prototypenfertigung dann rein, die beim Kunden vorgestellt werden.

Klaus Krause

Richtig. Also es ist inzwischen, sage ich mal, dass man Real-Loops zwischen ein bis vier vorstellt, wird man den ersten bis zweiten Loop für eine Fahrzeugentwicklung, Reifenentwicklung, virtuell vorstellen in Zukunft. Und quasi auf dem Prüfgelände, auf den Testgeländen, nur noch mit dem Kunden zusammen Tests durchführen, um, sage ich mal, die finalen Abstimmungen zu machen. Das heißt, auch Entwicklungszeit wird verkürzt, aber auch die Aufwendung des Fahrens selber.

Sebastian

Dafür setzt ihr dann eben auch schon, nennen wir es jetzt einfach noch mal künstliche Intelligenz, mit ein, die das Ganze eben auch ein Stück weit einordnet, auswertet für euch? Oder ist das alles noch reine Man- und Womanpower bei euch hinter den Rechnern?

Klaus Krause

Nein, also die Rechner sind entsprechend mit Programmen gefüllt, die auf die künstliche Intelligenz zurückgreifen, um entsprechend auch die Reifenauslegung zu berechnen, sage ich mal, aus dem Datenvolumen, was wir die letzten Jahre natürlich gesammelt haben, um einzelne Zusammenstellungen des Reifens einfach optimal für den Produktionsprozess, für die Realisierung des Reifens, für den Aufbau des Reifens darzustellen.

Das heißt, wir müssen natürlich daher nicht mehr von null auf ein Reifen neu erfinden, sondern er ist sozusagen im Hintergrund fertig und muss sozusagen mit Randparameter die Simulation gefüttert werden, um dann die ersten Reifen, sage ich mal, virtuell darzustellen.

Sebastian

Für mich noch mal die Frage zum Ende des Gesprächs, wenn wir da noch mal ein Stück weit rauszoomen und das auf E-Autofahrer*innen-Ebene betrachten. Wir hatten vorhin das Thema Nachhaltigkeit bei Reifen eben durch längere Laufzeit oder Laufleistung, wie du es genannt hattest, wenn ich das jetzt als E-Auto Fahrer betrachte.

Das heißt, ich kann auch schon durch die richtige Wahl des Reifens einen Unterschied machen. Ich meine, jetzt mal unabhängig von euch oder von einem Marktbegleiter kommt der Reifen, das macht schon wirklich was aus dann auch für das Fahrzeug, für die Lebensdauer des Reifens.

Darauf muss ich eigentlich schon achten und kann nicht jeden x-beliebigen Verbrennerreifen nehmen und einfach auf ein E-Auto schnallen, weil eben andere Anforderungen vorhanden sind.

Klaus Krause

Rein theoretisch kann ich es machen. Aber ich habe eben den ganz klaren Nachteil, dass mein Elektrofahrzeug dann weniger Laufleistung hat. Wir sprechen hier schnell mal über 40, 50 Kilometer und 40, 50 Kilometer Laufleistung ist auf mein Elektrofahrzeug sehr weit gerechnet, bevor ich die nächste Tankladestation in diesem Fall anfahren muss. Das ist das eine.

Das andere ist eben, wenn ich einen normalen Reifen nehme, der nicht den Anforderungen genügt, habe ich natürlich einen wesentlich schnelleren Wechsel auf einen neuen Reifen, weil der alte Reifen abgefahren ist oder einen, sage ich mal, einen erhöhten Abrieb, insbesondere durch die Anfahr-Beschleunigung habe. Und das werde ich natürlich dann finanziell auch noch sehen.

Das heißt, ich habe zwei Aspekte. Das eine ist eben der tägliche Nutzen, der mich, sage ich mal, irgendwann den Nerv raubt, weil ich ständig nachladen muss. Und zum anderen aber auch der finanzielle Verlust, sage ich mal, dass ich a, vielleicht ein günstiges Produkt gekauft habe, dafür dieses Produkt aber öfter wechseln muss.

Sebastian

Dann in Summe natürlich trotzdem die höheren Kosten habe, dann wenn ich wieder diese Total Cost of Ownership betrachte, wie es ja auch bei einem E-Auto gegenüber dem Verbrenner macht. Insofern vielen Dank Klaus, dass du uns abgeholt hast, dass du uns einen Blick hinter die Kulissen ermöglicht hast, was dann eben bei einem Reifen betrachtet wird, betrachtet werden muss, damit er eben langlebig auch ist und vor allem nachhaltig. Vielen Dank für die Einblicke und deine Zeit.

Klaus Krause

Sehr gerne. Danke schön.

Der Beitrag Zukunft der Reifen: Hankooks Vision 2030 erschien zuerst auf Elektroauto-News.net.

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