Leasingfirmen drohen mit Ausstieg aus E-Auto-Geschäft
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Das Leasing von Elektroautos erlebte in den vergangenen Jahren einen regelrechten Boom, maßgeblich angetrieben durch die großzügige Förderung über den Umweltbonus. Doch das hat sich grundlegend gewandelt. Leasingunternehmen, die im europäischen Automarkt eine Schlüsselrolle einnehmen, sahen sich gezwungen, die Leasing-Preise für Elektroautos innerhalb der letzten drei Jahre zu verdoppeln. Der Hauptgrund für diese drastische Entwicklung liegt in den unerwartet niedrigen Restwerten der Elektroautos.
Die sinkenden Restwerte von Elektroautos haben verschiedene Gründe: Preissenkungen von Herstellern wie Tesla, Bedenken hinsichtlich der Ladeinfrastruktur, Unsicherheiten bezüglich der Batterielebensdauer und der Zustrom günstigerer chinesischer Elektroautos sind einige davon. Laut Daten der Firma Autovista lagen die Wiederverkaufswerte für Elektroautos in Deutschland Anfang Juli 24 Prozent unter dem Niveau vor der Pandemie. In Großbritannien war der Rückgang mit 30 Prozent sogar noch stärker. Im Gegensatz dazu blieben die Preise für gebrauchte Benzinmodelle in beiden Märkten etwa 15 Prozent höher als vor der Pandemie.
Die Situation wird zusätzlich dadurch verschärft, dass viele Elektroautos, die mit dem Umweltbonus gefördert wurden, nun auf den Gebrauchtwagenmarkt kommen. Dieser wurde 2016 von der Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den Autoherstellern eingeführt, um den Absatz von Elektroautos zu fördern und den Klimaschutz voranzutreiben. Der Erfolg dieser Maßnahme war beachtlich: Bis zum 1. Dezember 2023 wurden insgesamt 2,23 Millionen Elektrofahrzeuge staatlich gefördert, darunter 1,43 Millionen reine Elektroautos und knapp 805.000 Plug-in-Hybride. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zahlte in diesem Zeitraum über 10 Milliarden Euro an Fördermitteln aus. Die Nachfrage nach diesen Autos auf dem Gebrauchtwagenmarkt ist jedoch gering, da potenzielle Käufer oft neuere Modelle mit besserer Reichweite und mehr Funktionen bevorzugen. Gary Cambridge, Partner bei dem Gebrauchtwagenhändler Cambridge Motors in London, meint: “Die Menschen haben gebrauchte Elektroautos schon akzeptiert, aber sie müssen günstig sein. Wenn sie teuer sind, will sie niemand.”
Eine Vielzahl von Herausforderungen also, die das gesamte Geschäftsmodell in Frage stellen. Tim Albertsen, CEO von ALD, einem der führenden Leasingunternehmen Europas, äußert sogar die Befürchtung, dass einige Firmen möglicherweise komplett aus dem Elektroauto-Markt aussteigen könnten. Dies droht insbesondere dann, wenn Regulierungsbehörden eine zu schnelle Elektrifizierung der Flotten erzwingen sollten. Die Europäische Kommission erwägt nun nämlich noch weitere Maßnahmen zur Beschleunigung der Elektroauto-Adoption, besonders durch Unternehmensflotten. Das könnten Quoten für Elektroautos in der Flotte sein, was die Restwertrisiken für Leasingunternehmen wiederum noch weiter erhöhen würde. Richard Knubben, Generaldirektor von Leaseurope, warnt: “Je größer der Anteil von Elektrofahrzeugen in ihren Portfolios wird, desto größer wird dieses Problem sein.”
Leasingunternehmen drohen finanzielle Verluste
Diese Entwicklungen haben erhebliche Auswirkungen auf den Leasingmarkt. Leasinggesellschaften kalkulieren ihre Preise basierend auf der erwarteten Wertminderung eines Autos über die Leasingdauer. Wenn die Gebrauchtwagenpreise am Ende der Leasingzeit niedriger ausfallen als erwartet, erleiden die Leasingfirmen finanzielle Verluste. Bart Beckers, stellvertretender CEO von Arval, dem Leasingunternehmen der französischen Bank BNP Paribas, bestätigt: “Wie andere Marktführer war auch Arval bereits gezwungen, die Preise aufgrund niedrigerer Restwerte zu erhöhen.” Kein Wunder, dass Leasing Firmen grundsätzlich nicht besonders interessiert an Elektroautos sind.
In Deutschland, dem größten Automarkt Europas, zeigen Daten des CAR Center Automotive Research einen deutlichen Anstieg der Leasingkosten für Elektroautos: Während im August 2021 ein Leasing für ein 45.000 Euro teures Elektroauto 284 Euro pro Monat kostete, deutlich weniger als die 473 Euro für ein vergleichbares Verbrennermodell, haben sich die Kosten für das Elektroauto-Leasing aktuell auf 621 Euro mehr als verdoppelt. Die Kosten für den Verbrenner sind hingegen leicht auf 468 Euro gesunken.
Ein wichtiger Faktor in dieser Entwicklung ist die Bedeutung von Firmenwagen im europäischen Automarkt. Laut Berechnungen der Umweltorganisation Transport & Environment, machen Firmenwagen 60 Prozent aller Neuzulassungen in der EU aus. Bei Elektroautos wird der Anteil sogar auf bis zu 80 Prozent geschätzt. Das zeigt welchen Stellenwert die Leasingunternehmen und Unternehmensflotten auch bei der Verbreitung von Elektroautos spielen.
Wie Leasingunternehmen gegensteuern
Um den Problemen zu begegnen, ergreifen Leasingunternehmen verschiedene Maßnahmen: Sie verlängern die Leasingdauer für Elektroautos, vermieten Autos mehrfach zu günstigeren Konditionen, verlängern die Haltedauer im Portfolio auf bis zu acht Jahre und prüfen Versicherungslösungen zur Absicherung gegen Restwertrisiken. Doch ob das in dem sich schnell verändernden Markt reicht, ist ungewiss. Auch die Hersteller sind in der Pflicht. So haben einige bereits damit begonnen, Leasingfirmen für den Wertverlust von gebrauchten Elektroautos zu entschädigen.
Das drohende Szenario, einige Leasinganbieter könnten ganz aus dem Elektroautosegment aussteigen, könnte der Elektromobilität erheblichen Schaden zufügen. Gerade angesichts des hohen Anteils von Firmenwagen an den Neuzulassungen. Gleichzeitig macht die rasante Entwicklung von Elektroautos, insbesondere in Bezug auf Ladegeschwindigkeit und Reichweite, gebrauchte E-Autos für viele Käufer weniger attraktiv.
Eine Normalisierung des Gebrauchtwagenmarktes für Elektroautos wird erst dann eintreten, wenn diese Faktoren bei gebrauchten Modellen mit denen von neuen Elektroautos mithalten können. Sollte dies nicht bald eintreten, weil Elektroautos sich schnell weiterentwickeln, müssen Leasinganbieter und Hersteller alternative, attraktive Lösungen finden, um die Verbreitung von E-Autos weiter voranzutreiben und gleichzeitig wirtschaftlich tragfähige Geschäftsmodelle entwickeln.
Quelle: Reuters – Leasing model behind Europe’s EV drive at risk of breakdown / ADAC e.V: – Umweltbonus: Plötzliches Aus für die Förderung von E-Autos
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