Pros, Contras und Gegenvorschläge zu Strafzöllen auf chinesische E-Autos
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Der Weg ist frei für die EU-Strafzölle auf E-Autos aus chinesischer Produktion, seitdem sie die EU-Mitgliedsstaaten am vergangenen Freitag abgesegnet haben. Doch im Hintergrund laufen weiterhin Gespräche, die ihre Einführung doch noch verhindern sollen. Oliver Blume, Konzernchef von Volkswagen, befürchtet Vergeltungsmaßnahmen aus China und hofft auf eine einvernehmliche Lösung. Und bringt Gegenvorschläge ein, wie er der Bild am Sonntag in einem Interview erklärte: Zum Beispiel sollten chinesische Hersteller, die in Europa investierten, Arbeitsplätze schaffen und mit lokalen Unternehmen zusammenarbeiten, „Vorteile bei den Zöllen haben.“
„Mögliche Strafzölle wären besonders für die deutsche Automobilindustrie riskant“, warnte Blume mit Blick auf die umfangreichen Exporte deutscher Autohersteller nach China. „Wir würden auf dem chinesischen Markt erhebliche Nachteile haben. Und deshalb sind wir eindeutig gegen solche neuen Regeln“, sagte er in dem Interview. „Viele Arbeitsplätze in Deutschland hängen davon ab. Anstatt mit Strafzöllen eine Gegenreaktion in China zu provozieren, sollte eine für beide Seiten faire Regelung gefunden werden“, so der Chef von Deutschlands größtem Autohersteller.
Auf die Frage, ob chinesische Hersteller E-Autos in Deutschland und anderen Ländern ohne Strafzölle produzieren dürfen sollten, wenn sie damit Arbeitsplätze schaffen, antwortete Blume: „Ja, das wäre ein Ansatz. Das würde nicht nur für Unternehmen aus China, sondern auch aus anderen Regionen gelten, die in Europa investieren und damit die Wirtschaft positiv beeinflussen.“ Dies ist allerdings ohnehin bereits der Fall, die Strafzölle sollen nur auf Autos gelten, die in China produziert und nach Europa exportiert werden. Einige chinesische Hersteller haben daher bereits Produktionskapazitäten in Europa aufgebaut oder sind gerade dabei, etwa Leapmotor in Polen und BYD in Ungarn, einige weitere wollen diesem Beispiel folgen.
Bei der Abstimmung am vergangenen Freitag waren zehn EU-Mitgliedstaaten für die höheren Zölle, während Deutschland und vier weitere dagegen stimmten. Zwölf Länder enthielten sich der Stimme. Von den deutschen Herstellern waren VW, BMW und Mercedes-Benz gegen die Zölle. Die drei Autohersteller erzielen etwa ein Drittel ihres Umsatzes in China.
Für den Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) sind die Strafzölle sind das falsche Signal. „Strafzölle sind keine Lösung für einen fairen, globalen Handel“, sagt Thomas Peckruhn, ZDK-Vizepräsident. Nachteile sieht der Verband auch für die Verbraucher, da die zur Verfügung stehenden Produkte deutlich teurer werden. „Das wird die ohnehin schon zurückhaltende Kauflaune noch weiter verschlechtern“, so Peckruhn. „Und für die Automobilhändler, die sich zur Aufnahme einer chinesischen Marke entschieden und dafür Investitionen getätigt haben, ist das ein Schlag ins Kontor, weil diese Strafzölle den Wettbewerb zu verzerren drohen“, sagt er. Der ZDK-Vizepräsident warnt ebenfalls davor, „dass die Wahrscheinlichkeit für eine chinesische Gegenreaktion als sehr hoch einzuschätzen“ sei. Dies würde „sämtliche Exporte für nicht in China produzierte Fahrzeuge betreffen und zu einer Schwächung des Wirtschaftsstandortes Deutschland und der hier ansässigen Hersteller und Zulieferer bedeuten.“
„Deutsche Hersteller sind viel zu abhängig von China“
Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), begrüßt die EU-Strafzölle auf chinesische E-Autos als einen „notwendigen Schritt zum Schutz des europäischen Wirtschaftsstandorts. Es wäre ein fataler Fehler, wenn es die EU ähnlich wie in der Solarbranche zuließe, dass chinesische Produkte die europäischen vom Markt verdrängen“. Fratzscher folgt der Argumentation der EU, dass die chinesischen Autobauer von massiven Staatssubventionen profitierten und sich dadurch unfaire Wettbewerbsvorteile verschafften.
Der Widerstand der deutschen Automobilindustrie gegen diese Ausgleichszölle sei „falsch“ und ziele „zu sehr auf kurzfristige Gewinne ab. Der Wirtschaftsstandort nimmt dauerhaft Schaden, wenn die deutsche Wirtschaft ihre exzessive Abhängigkeit von China nicht deutlich reduziert.“ Diese Abhängigkeit habe Deutschland „schon heute wirtschaftlich und politisch erpressbar gemacht.“ Die Ablehnung der deutscher Automobilhersteller gegen die Ausgleichszölle mit der Begründung, China könnte gegen deutsche Hersteller vorgehen, belege „die Tatsache, dass die deutschen Hersteller sich von China viel zu abhängig gemacht haben.“
Allerdings sei auch nicht auszuschließen, dass die geplanten Zölle nicht ausreichen und ihr Ziel verfehlen, so dass chinesische E-Auto-Hersteller trotzdem ihre Marktanteile in Europa vergrößern. Auch Fratzscher warnt vor chinesischen Sanktionen gegen deutsche Autobauer. „Die EU wäre gut beraten, sich eng mit den USA abzustimmen und gemeinsam auf die Konkurrenz aus China zu reagieren“, so der DIW-Präsident.
Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) kritisierte die europäische Autoindustrie dafür, selbst zu wenig bezahlbare, kleine Elektroauto-Modelle entwickelt zu haben. Die Zölle in Höhe von bis zu gut 45 Prozent würden nun auch preiswertere Elektroautos aus China teurer machen und damit die Umstellung auf Elektromobilität bremsen. „Das widerspricht den eigenen Klimazielen der EU und ist damit klimaschädlich und ökonomisch fatal.“
Quelle: Automotive News Europe – VW CEO Blume says China’s EV makers should be allowed to avert higher tariffs by investing in EU / Süddeutsche Zeitung – VW-Chef wirbt für Lösung im Zollstreit / WirtschaftsWoche – Autobranche erwartet steigende Preise für E-Autos / ZdK – Pressemitteilung vom 04.10.2024 / DIW – Pressemitteilung vom 04.10.2024
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