Erneute Insolvenz: Streetscooter-Projekt auf der Kippe
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Im Januar erlebte Aachen einen Hoffnungsschimmer: Günther Schuh, Gründer des Elektro-Transporters Streetscooter, erwarb über sein Unternehmen e.Volution die Rechte am ehemaligen „Post-Auto“ aus der Insolvenzmasse von B-On. Die Euphorie weicht nun jedoch einer Ernüchterung. Auch dieses Nachfolge-Unternehmen befindet sich im vorläufigen Insolvenzverfahren. Schuh betont gegenüber der Automobilwoche, dass das Projekt noch nicht gescheitert sei. Erstmals haben wir uns im Dezember 2022 mit ihm über die neu gedachten Stromer unterhalten, die die Kreislaufwirtschaft im E-Fahrzeug selbst Einzug halten lassen.
Doch zurück zu Streetscooter. Trotz des Verfahrens bleibt Schuh entschlossen. Unter Leitung des vorläufigen Insolvenzverwalters Dr. Mark Boddenberg (Eckert Rechtsanwälte) möchte er den Produktionsbetrieb sichern. Eine mögliche Option ist die Verlagerung der Fertigung nach Thailand, wie wir bereits berichtet haben. Schon seit Jahresbeginn besteht eine Partnerschaft mit einem dortigen Anbieter, der zentrale Komponenten für den Transporter einkauft und mit der Herstellung des Fahrgestells begonnen hat, wie Automobil Industrie in Erfahrung gebracht hat.
Grund für die aktuelle Entwicklung: Drei große Kundenaufträge, die fest eingeplant waren, wurden plötzlich zurückgezogen. Einer dieser Kunden hatte 300 Autos fest zugesagt und weitere 1000 als Option reserviert. Diese Absage traf das Unternehmen hart, erklärt Schuh. „Die Produktion wäre so wirtschaftlich gewesen, doch der Auftrag wurde storniert.“ Rückblickend räumt er ein, die Lage zu optimistisch eingeschätzt zu haben. Ohne die zugesicherten Bestellungen war die Insolvenz nicht abzuwenden. Zur Sprache kam nicht, ob es sich hier um die Bestellung seitens der Deutschen Post zu Beginn des Jahres 2024 handelte.
Ein weiterer Faktor war die Preispolitik der Konkurrenz. Ein Wettbewerber bot seine Autos mit einem Preisnachlass von 58 Prozent an. Ein solcher Preiskampf war für das kleinere Unternehmen nicht zu gewinnen. Auch Kosteneinsparungen beim modernen Streetscooter reichten nicht aus, um den Markt zu dominieren. „Wir haben insgesamt etwa 24.000 Euro an Kosten eingespart“, sagt Schuh, doch dies genügte nicht. Die mögliche Fertigungsverlagerung nach Thailand könnte weitere Einsparungen mit sich bringen. Das Unternehmen rechnet mit geringeren Kosten von bis zu 30.000 Euro je Auto durch Endmontage im Ausland. Diese Strategie eröffnet auch Chancen im südostasiatischen Markt. Schuh sieht dort viel Potenzial und verweist auf positive Resonanz bei Logistikmessen in Bangkok.
Anpassungen am Fahrzeugdesign sind erforderlich. Ein kleinerer Wendekreis, mehr Ladekapazität und eine kompaktere Bauweise werden benötigt. Schuh bleibt zuversichtlich, dass diese Herausforderungen gemeistert werden können. Dies bedeutet allerdings auch Veränderung hier in Europa. Aktuell erfolgt die Endmontage durch Neapco in Düren. Dieser Standort steht wegen der Lage des Streetscooter-Projekts unter Druck. Rund 500 Mitarbeiter sind betroffen, darunter etwa 200, die direkt an der Endmontage arbeiten. Seit Juli ruht die Produktion, und viele Beschäftigte sind in Kurzarbeit.
Die Entwicklung enttäuscht Schuh. „Ich hatte nie geplant, das Auto in Thailand endmontieren zu lassen“, betont er gegenüber der Automobilwoche. Nun gibt es kaum Alternativen. Schuh rechnet mit steigendem Preisdruck, sieht aber in der Produktionsverlagerung eine Möglichkeit, dem Wettbewerb standzuhalten. Ob sich diese Pläne realisieren lassen, hängt jedoch auch vom Insolvenzverwalter ab, mit dem weitere Gespräche anstehen.
Quelle: Automobilwoche – Streetscooter: Erneute Insolvenz und Umzug nach Thailand / Automobil Industrie – Streetscooter-Rückkäufer ist pleite
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